Donnerstag, 10. Mai 2012

Euro-Zone: Wo bitte geht’s zum Ausgang?


Paul Krugman befasst sich heute in Brüssel im Rahmen eines Referats mit dem Thema, wie der Euro gerettet werden kann.

Regelmässige Leser wissen bereits, dass der Träger des Wirtschaftsnobelpreises die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht ohne Grund mit der Grossen Depression in den 1930er Jahren vergleicht.

In der ersten Folie mit der Überschrift „wir kommen gegen die Folgen der Krise sehr schlecht an“ zeigt Krugman auf, dass die gegenwärtige Rezession in Grossbritannien länger und tiefer ist als während der Grossen Depression, was inzwischen zu anhaltenden Unzulänglichkeiten der privaten Ausgaben geführt hat. Das heisst, dass die öffentliche Hand, während die privaten Haushalte sich mit Ausgaben zurückhalten, die Ausgaben gleichzeitig heftig kürzt.

Warum? Weil die Politik die Staatsschulden als die eigentliche Ursache der Krise betrachtet. Spanien hatte aber am Vorabend der Euro-Krise niedrige Schulden und einen Haushaltsüberschuss. Spaniens Fiskalprobleme sind heute die Folge der Depression, nicht deren Ursache, hebt Krugman hervor.

Obwohl die Krise auf keine haushaltspolitische Verschwendung zurückzuführen ist, bestehen die europäischen Staats- und Regierungschefs darauf, dass die Austeritätspolitik, d.h. harsche Sparmassnahmen die Antwort ist.


Sparmassnahmen und Wirtschaftswachstum, Graph: Prof. Paul Krugman

Krugman wiederholt, dass es keine Vertrauen Fee (confidence fairy) gibt. Das heisst, dass die Behauptungen, wenn die Staatsausgaben heftig gekürzt werden, die privaten Verbraucher und Unternehmen sich ein Herz fassen und wieder kräftig konsumieren bzw. investieren würden, heute durch die Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren widerlegt worden sind.

Der rigorose Sparkurs führt angesichts des depressiven Umfelds der Wirtschaft zu einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung, weil die Steuereinahmen sinken. Da die Krise nicht durch unverantwortliche Haushaltsführung entstanden ist, kann ein kompromissloses Sparen keine Antwort sein.

Das grundlegende Problem von Europa ist nicht fiskalisch, sondern es betrifft die Zahlungsbilanz, bzw. die Leistungsbilanzdefizite, argumentiert Krugman. Der enorme Zustrom des Kapitals aus dem Kern an den Rand der Euro-Zone hat zu einem Boom im Immobilienmarkt geführt. Während die Aussenhandelsdefizite weiter zulegten, kam es zu einem Anstieg der Lohnstückkosten an der Peripherie Europas.

Das schwere Problem ist nun, wie die Wettbewerbsfähigkeit am Rand der Euro-Zone wiederhergestellt werden soll. Die EU beharrt darauf, die Anpassung über Löhne und Preise (d.h. interne Abwertung) erfolgen zu lassen. Das hat jedoch, wie Wolfgang Münchau heute in einem Artikel in Der Spiegel betont, mit grossen gesellschaftlichen Verwerfungen zu tun. Das heisst im Grunde genommen enormes menschliches Leiden. Die „Internal Devaluation“ (d.h. Sozialabbau und Lohnsenkungen) ist also ein schmerzhafter und sehr langsamer Prozess.


Leistungsbilanz-Ungleichgewichte Deutschland vs. GIPSI (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien), Graph: Prof. Paul Krugman

Dazu mehr hier: „Woran Europa krankt“

Fazit: Europa muss laut Krugman die wahren Ursachen der Krise erkennen und vorübergehend etwas mehr Inflation in Kauf nehmen.

Die aktuelle Stellungnahme der deutschen Bundesbank, dass Deutschland in Folge der „regulären Anpassungsprozesse“ in der Euro-Zone in Zukunft mehr Inflation dulden muss, unterstreicht ohne Zweifel die Tatsache, dass das Krisenmanagement und die pro-zyklische Wirtschaftspolitik von Angela Merkel an empirischen Befunden endgültig gescheitert sind.

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