Paul Krugman befasst sich heute in Brüssel im
Rahmen eines Referats mit dem Thema, wie
der Euro gerettet werden kann.
Regelmässige
Leser wissen bereits, dass der Träger des Wirtschaftsnobelpreises die Finanz-
und Wirtschaftskrise nicht ohne Grund mit der Grossen Depression in den 1930er Jahren vergleicht.
In
der ersten Folie mit der Überschrift „wir kommen gegen die Folgen der Krise sehr
schlecht an“ zeigt Krugman auf, dass die gegenwärtige Rezession in Grossbritannien länger und tiefer ist
als während der Grossen Depression, was inzwischen zu anhaltenden
Unzulänglichkeiten der privaten Ausgaben geführt hat. Das heisst, dass die
öffentliche Hand, während die privaten Haushalte sich mit Ausgaben
zurückhalten, die Ausgaben gleichzeitig heftig kürzt.
Warum?
Weil die Politik die Staatsschulden als die eigentliche Ursache der Krise
betrachtet. Spanien hatte aber am
Vorabend der Euro-Krise niedrige Schulden und einen Haushaltsüberschuss. Spaniens
Fiskalprobleme sind heute die Folge der Depression, nicht deren Ursache, hebt
Krugman hervor.
Obwohl
die Krise auf keine haushaltspolitische Verschwendung zurückzuführen ist,
bestehen die europäischen Staats- und Regierungschefs darauf, dass die Austeritätspolitik,
d.h. harsche Sparmassnahmen die Antwort ist.
Sparmassnahmen
und Wirtschaftswachstum, Graph: Prof. Paul Krugman
Krugman
wiederholt, dass es keine Vertrauen Fee
(confidence fairy) gibt. Das
heisst, dass die Behauptungen, wenn die Staatsausgaben heftig gekürzt werden,
die privaten Verbraucher und Unternehmen sich ein Herz fassen und wieder
kräftig konsumieren bzw. investieren würden, heute durch die Erfahrungen in den
vergangenen zwei Jahren widerlegt worden sind.
Der
rigorose Sparkurs führt angesichts des depressiven Umfelds der Wirtschaft zu
einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung, weil die Steuereinahmen sinken. Da
die Krise nicht durch unverantwortliche Haushaltsführung entstanden ist, kann
ein kompromissloses Sparen keine Antwort sein.
Das
grundlegende Problem von Europa ist nicht fiskalisch, sondern es betrifft die
Zahlungsbilanz, bzw. die Leistungsbilanzdefizite,
argumentiert Krugman. Der enorme Zustrom des Kapitals aus dem Kern an den Rand
der Euro-Zone hat zu einem Boom im Immobilienmarkt geführt. Während die
Aussenhandelsdefizite weiter zulegten, kam es zu einem Anstieg der
Lohnstückkosten an der Peripherie Europas.
Das
schwere Problem ist nun, wie die Wettbewerbsfähigkeit am Rand der Euro-Zone
wiederhergestellt werden soll. Die EU beharrt darauf, die Anpassung über Löhne
und Preise (d.h. interne Abwertung) erfolgen zu lassen. Das hat jedoch, wie Wolfgang Münchau heute in einem Artikel
in Der Spiegel betont, mit
grossen gesellschaftlichen Verwerfungen zu tun. Das heisst im Grunde genommen
enormes menschliches Leiden. Die „Internal
Devaluation“ (d.h. Sozialabbau und Lohnsenkungen) ist also ein
schmerzhafter und sehr langsamer Prozess.
Leistungsbilanz-Ungleichgewichte
Deutschland vs. GIPSI (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien),
Graph: Prof. Paul Krugman
Dazu
mehr hier: „Woran Europa krankt“
Fazit: Europa muss laut Krugman die
wahren Ursachen der Krise erkennen und vorübergehend etwas mehr Inflation in
Kauf nehmen.
Die
aktuelle Stellungnahme der deutschen
Bundesbank, dass Deutschland in
Folge der „regulären Anpassungsprozesse“ in der Euro-Zone in Zukunft mehr Inflation dulden muss, unterstreicht
ohne Zweifel die Tatsache, dass das Krisenmanagement und die pro-zyklische
Wirtschaftspolitik von Angela Merkel
an empirischen Befunden endgültig gescheitert sind.
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