Sonntag, 27. Mai 2012

Makroökonomie und die schreckliche Trinität


Die amerikanische Präsidentschafts-Kampagne 2012 erinnert an die 1960er Jahre, bemerkt Ed Dolan im Blog EconoMonitor.

Damals hat John F. Kennedy die Präsidentschaft mit dem Versprechen gewonnen, um das Land wieder in Bewegung zu bringen. Es kann nun eine gute Zeit sein, einen Blick zurück auf diesen Zeitraum zu werfen, bemerkt der Wirtschaftsprofessor, der von 1990 bis 2001 in Russland Ökonomie unterrichtet hat.

Wie hat es aber in den 1960er Jahren ausgesehen? An der Yale University sei damals gelehrt worden, dass es die Aufgabe eines jeden Makroökonomen sei, sich einzumischen, schreibt Ed Yardeni in seinem Blog. „Ohne unsere Einmischung würde die Wirtschaft sonst in eine Rezession geraten. Unsere Professoren haben uns gelehrt, wie man sehr komplexe mathematische Modelle verwendet, um genau die richtige Mischung von Fiskal- und Geldpolitik zu gestalten, um die Wirtschaft zu führen“, schildert der Präsident und Chief Invesment Strategist von Yardeni Research.

Dolan hingegen erinnert sich sehr genau an den Begriff „fine-tuning“. Gardner Ackley, Otto Eckstein und Arthur Okun seien die drei bedeutendsten Ökonomen der damaligen Zeit gewesen, die in ihrem Wirtschaftsbericht 1966 an den US-Präsidenten festhielten, dass „es nun im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt, sich ehrgeizigere Ziele zu setzen. Wir bemühen uns, immer wiederkehrende Rezessionen zu vermeiden, die Arbeitslosigkeit niedrig zu halten, die Preisstabilität auf Vollbeschäftigung aufrechtzuerhalten und in der Tat die volle Prosperität zu einem normalen Zustand der amerikanischen Wirtschaft zu machen. Es ist ein Tribut an unseren Erfolg, dass wir nicht nur das wirtschaftliche Verständnis haben, sondern auch den Willen und Entschlossenheit, die Wirtschaftspolitik als ein wirksames Instrument für den Fortschritt zu nutzen“.


Inflation und Arbeitslosigkeit in den USA zwischen 1961 und 1969, Graph: Prof. Ed Dolan

Wie hat es mit „fine-tuning“ (Feinabstimmung) geklappt? Ziemlich gut, zumindest zunächst, beschreibt Dolan. Die Abbildung zeigt, wie sich die Arbeitslosigkeit und die Inflation in den Kennedy und Johnson Jahren entwickelt haben. Es sieht wie eine Phillips-Kurve aus.

Gegen Ende der 1960er Jahren begannen die Dinge aber, schief zu gehen, was in der Makroökonomie-Vorlesung nie erwähnt wurde. Es gab erstens policy lags (zeitliche Wirkungsverzögerung einer wirtschaftspolitischen Massnahme), zweitens Prognosefehler. Computer waren noch in den Kinderschuhen. „Wir wären im Schock in Unglauben versunken, wenn man uns gesagt hätte, dass die Prognosen keine höhere Genauigkeit aufweisen als die Annahme, dass im nächsten Jahr alles genau wie in diesem Jahr sein würden“, erklärt Dolan.

Das heimtückischte von allen war jedoch die Zeit-Inkonsistenz (time-inconsistency), argumentiert Dolan weiter. Das heisst, dass die Menschen manchmal kurzfristige Ziele anstreben, die sich von langfristigen Zielen unterscheiden. Ein klassisches Beispiel dazu ist die Vorlegung eines Konjunkturpakets kurz vor einer Wahl.

Wenn Sie time lags, Prognosefehler und zeitliche Inkonsistenz zusammenlegen, bekommen Sie etwas ganz Schlimmeres als eine Phillip-Kurve: einen stop-go Zyklus mit einem inflationären Hang. Die Expansionsphase wird dabei laut Dolan zu lange gehalten, weil man die bittere Medizin der Disinflation bis Ende der nächsten Wahl nicht einnehmen will.

Der Zyklus geht durch und durch. Auf der Spitze eines jeden Zyklus ergibt sich eine höhere Inflationsrate als auf der vorangegangenen Spitze. Und am Boden bildet sich eine höhere Arbeitslosigkeit.


Inflation und Arbeitslosigkeit in den USA zwischen 1961 und 1986, Graph: Ed Dolan

Schaut man sich die 1960er und 1970er Jahre als Ganzes an, stellt man laut Dolan fest, dass die Makroökonomen der damaligen Zeit weniger die Superhelden waren, die das Auto aus dem Graben holten als die lernbehinderten Autofahrer, die das Auto in den Graben lenkten.

Die wichtigste Schlussfolgerung für 2012 ist, sich sich vor makroökonomisch Wichtigtuer zu hüten, so Dolan. Die gegenwärtige Generation der Wirtschaftsberater wie die Larry Summers, und die Greg Mankiws seien in voller Kenntnis von Fallstricken der „schrecklichen Trinität“ (time lag, forecasting errors, time-inconsistency) und wissen, dass das Ideal dem Standard von wirtschaftspolitischen Massnahmen entspricht.

Obama hat sicherlich einige der Instinkte eines Wichtigtuers. Aber es ist eher das makroökonomische Management einer möglichen Romney-Administration, welches Besorgnise auslöst, hebt Dolan als Fazit hervor.

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