Dienstag, 1. Mai 2012

Notenbankgeldmenge und Nullgrenze


Alles, was Ron Paul in der gestrigen Debatte mit Paul Krugman über das Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg gesagt hat, war falsch. Die Zuschauer neigen aber die übertriebene „Sentimentalität“ nicht zu hinterfragen. Was sie hören, ist: Geldentwertung, Diebe, Inflation, QE3 usw.

Geld ist zwar eine notwendige, aber keineswegs die hinreichende Bedingung für Inflation. Die Notenbankgeldmenge (Notenumlauf + Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank) ist beispielsweise in der Schweiz im Sog der Krise von weniger als 50 Mrd. Franken inzwischen auf mehr als 250 Mrd. Franken gestiegen. Die Inflation ist aber negativ. Die Jahresteuerung beträgt in der Schweiz Minus 2,0%. Die Kerninflation ist seit sechs Monaten in Folge negativ.

Milton Friedman hat argumentiert, dass die Fed die Grosse Depression mit einem politischen Aktivismus hätte verhindern können, wenn sie nur gehandelt hätte, einen grossen Rückgang der breiten Geldmengenaggregate (z.B. M1, M2 und M3) unterbunden hätte. Es wäre gut gewesen.

Da der grosse Rückgang des Geldmengenaggregats M2 allerdings trotz eines Antiegs der Notenbankgeldmenge (monetary base) erfolgt ist, hätte es bedeutet, dass die Fed viel „Geld druckt“.

Diese Behauptung sieht heute falsch aus. Selbst grosse Erweiterung der Notenbankgeldmenge (monetäre Basis), sei es in Japan nach 2000 oder in den USA nach 2008, macht nur wenig aus, wenn die Wirtschaft sich an die Nullgrenze nähert, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Die Fed könnte und sollte mehr unternehmen. Aber es ist eine viel härtere Aufgabe als Friedman und Schwartz nahelegten.

Darüber hinaus hat Friedman in seiner Rolle als politischer Anwalt eine schwere Sünde begangen. Er hat seine eigene Arbeit konsequent falsch dargestellt. Das, was er gezeigt hat, oder gedacht hat, zu zeigen, war, dass die Fed die Depression verhindert hätte. Aber er hat es in eine Behauptung verwandelt, dass die Fed die Depression verursacht hat, schildert Krugman weiter.

Und diese abgegriffene und irreführende Version ist es, was Ron Paul und ähnlich gesinnte Leute veranlasst, gegen den Aktivismus der US-Notenbank zu wettern, den Friedman eigentlich befürwortet hatte.

Wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, liegt der Nominalzins auf der Nullgrenze. Die Geldpolitik verliert dann an Zugkraft. Das heisst, dass die geldpolitischen Massnahmen in einem depressiven Umfeld der Wirtschaft nicht so greifen wie gewöhnlich. Und der Anstieg der Notenbankgeldmenge ist nicht entscheidend, weil die Menschen zwischen Null-Zinsen und Staatsanleihen indifferent sind. 

Wie der Verlauf des halbierten Geldmultiplikators zeigt, kommt das von der Zentralbank geschaffene "Papiergeld" in der Realwirtschaft nicht an. Deshalb muss der Nachfrageausfall vorübergehend vom Staat ersetzt werden, um das Gleichgewicht zwischen Sparen und Investieren so anzupassen, dass die Wachstumsdynamik wiederbelebt wird. 

1 Kommentar:

MFK hat gesagt…

Wer auf die Krugmansche Inflationsfalle hineinfällt ist seler Schuld. Würde der Verraucherpreisindex auf der Basis der bis 1980 geltenden Regeln bemessen, hätten wir ganz andere Inflationsraten. Insofern ist die Diskussion Paul - Krugman relativ uninteressant. Interessanter war da schon die Diskussion Krugman - Keen. Wer heute noch die Rolle der Banken nach Keynes als reine Intermediäre ohne tragenden Einfluss auf die Geldmenge beschreibt, der zeigt worum es ihm in Wirklichkeit geht, nämlich um die Aufrechterhaltung des amerikanischen Finanzkapitalismus.