Die
schiefe Haushaltslage am Rande der Euro-Zone ist eine Folge der geplatzten
Spekulationsblase am Immobilienmarkt. Da die Regierungen nach dem Ausbruch der
Krise die notleidenden Banken retten mussten, sind die Haushaltsdefizite und
die Schulden gestiegen.
Die
fiskalischen Probleme an der Peripherie sind m.a.W. die Konsequenz der Depression, nicht deren Ursache. Es
grenzt daher fast an einem religiösen Fanatismus, dass die EU trotzdem am
rigorosen Sparkurs festhält.
Der
Kapitalzustrom aus dem Kern der EU an die Peripherie hat zu einem
Immobilienboom geführt, wobei gleichzeitig Lohnerhöhungen damit einhergegangen
sind. Die Lohnstückkosten, die im Kern der EU, z.B. in Deutschland stagnierten,
sind in Südeuropa in den vergangenen 10 Jahren stark gestiegen.
Nach
dem Platzen der Spekulationsblase bleibt der private Sektor im Süden immer noch
hoch verschuldet. Der Schuldenabbau-Prozess (deleveraging) setzt sich zwar fort. Aber die Bilanzrezession (balance-sheet recession) führt zu einem
Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. In einer Bilanzrezession sind
staatliche Ausgaben nötig, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ansonsten droht eine
sich selbst verstärkende Abwärtsspirale aus Rezession und Deflation. Die öffentliche
Hand wird aber gezwungen, den Sparkurs fortzufahren.
Spaniens
Gesamtverschuldung, Graph: Daniele
Antonucci, Morgan Stanley
Die
Verschuldung ist weitgehend auf den nicht-finanziellen Unternehmenssektor
zurückzuführen.
Die
Fiscal Austerity (Sparpolitik)
verschlimmert daher die ohnehin arge Not in Spanien. Die privaten Haushalte,
Unternehmen, Banken und die öffentliche Hand sparen alle gleichzeitig.
Spaniens
Lohnstückkosten im Vergleich zum Rest der Eurozone, Graph: Daniele Antonucci, Morgan
Stanley
Wenn einer
spart, muss ein anderer Schulden machen. Eine Volkswirtschaft kann nicht als
Ganzes Geld ansparen. Jemand muss das angesparte Geld immer aufnehmen, also
sich verschulden, um zu investieren. Da der Privatsektor keine Verwendung für
die Ersparnisse findet, kann der Staat seine Schulden damit finanzieren.
One person’s debt is another person’s asset. My spending is your income and
your spending is my income.
Spaniens
Bruttoverschuldung nach der Definition von Excessive
Deficit Procedure (EDP) bleibt deutlich unter dem Durchschnitt der
Eurozone, bemerkt Daniele Antonucci
von Morgan Stanley in seiner heute
vorgelegten Forschugnsarbeit. Die Definition schliesst die Schulden der
zentralen, regionalen und lokalen Regierungen zusammen mit der
Sozialversicherung ein, damit sich europaweit vergleichbare Daten ergeben, die an
die EU-Kommission gesandt werden.
Die Staatsquote
(Schulden im Verhältnis zum BIP) Spaniens betrug demnach im Jahr 2011 86,8%, erklärt Antonucci. Die Höhe der
Verschuldung liegt in der Nähe von 90%-Schwelle, die für viele Länder angeblich
eine negative Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum entfaltet. Der Analyst
rechnet deswegen mit einer Kontraktion der Wirtschaft auch im nächsten Jahr um
1%.
Spaniens
Staatsanleihen nach Aufteilung der Investorenbestände, Graph: Daniele Antonucci, Morgan
Stanley
Spaniens roll-over
Bedarf beläuft sich nach Angaben von Mark Weisbrot
auf 85 Mrd. Euro in diesem Jahr. Die
Zinszahlungen auf Schulden betragen für 2012 2,4% des BIP. Es sind an und für
sich moderate Daten.
Die Investoren und Spekulanten stossen aber spanische
Staatspapiere ab, sodass die Kosten für die Kreditaufnahme ansteigen und das
Risiko eines Zahlungsausfalls (default)
zunimmt. Aber die EZB, die wie im
November in den Markt eingreifen und Staatsanleihen aufkaufen könnte, weigert
sich die Rolle des Kreditgebers der letzten Instanz (lender of last resort) zu spielen.
Warum? Weil die EZB die „Austerity Doctrin“ auf ihre Fahnen geschrieben hat. Der Standpunkt
der EZB hat daher mit dem Haushalt nichts zu tun. Es geht nur darum, die
Gelegenheit, die die Euro-Krise bietet, nicht auszulassen, dem Motto „Staat ist
Problem, Markt ist Lösung“ zu folgen. Das heisst, dass der Staat demnach "zu gross" ist und deshalb verkleinert werden muss.
Euro-Zone: Verschuldung
des privaten Sektors und der öffentlichen Hand, Graph: Daniele Antonucci, Morgan
Stanley
Wie man der Abbildung
entnehmen kann, liegt die Verschuldung überwiegend im privaten Sektor, nicht im
Staat, abgesehen von Griechenland, welches einen besonderen Fall in der ganzen
Debatte darstellt.
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