Der
unmittelbare Verlust an Wohlstand aus dem Platzen der dot-com-Blase war etwa gleich gross wie der Schaden aus der
Kernschmelze am Immobilienmarkt. Vielleicht sogar ein bisschen weniger. Aber
warum hat der eine Flop mehr wirtschaftlichen Schaden als der andere verursacht?
Ezra Klein beschäftigt sich damit Blog („Why our models missed the financial crisis“)
in seinem in The Washington Post.
Die
Differenz ist, bemerkt Peter Orszag
in einem interessanten Artikel in Bloomberg, dass die Immobilienkrise in einem
höchst verschuldeten (highly leveraged)
Finanzsektor stattgefunden hat. Und das sei der Grund, warum alle makroökonomischen
Modelle den Schaden, der damit ausgelöst wurde, übersehen haben:
„Die
makroökonomischen Modelle, die die Fed verwendet, auch solche, die das CBO an
den Tag legt, beinhalten im besten Fall einen sehr rudimentären Finanzmarkt,
sodass der Zusammenbruch des Immobilienmarktes so behandet wurde, als ob es
sich dabei um das Platzen der „dot-com-Blase
2.0“ handeln würde. Und das gilt auch heute noch, unterstreicht der Diektor des
CBO (von Januar 2007 bis November 2008), welches für die Haushaltsplanung in
den USA zuständig ist.
Orszag
war von Januar 2009 bis Juli 2010 Direktor des Office of Management und Budget im Kabinett des US-Präsidenten
Obama.
Man
fragt sich wahrscheinlich, warum die Ökonomen die Hebelwirkung (leverage) in den Modellen nicht
berücksichtigen, ergänzt Jared Bernstein
in einem Blog dazu. Weil die
Finanzmärkte historisch grundsätzlich als „Intermediate
Input“ im ökonomischen Prozess betrachtet werden, was dafür sorgt, dass die
Ersparnisse zu den produktivsten Quellen zugeteilt werden.
Alan
Greenspan ist oben darauf von der Annahme ausgegangen, dass die
Hyper-Rationalität die Marktteilnehmer veranlassen würde, sich selbst zu
regulieren.
Es
gibt laut Bernstein aber einen weiteren Aspekt: wenn eine dot-com-Blase platzt, wischt es sich schnell auf, wegen des
Unterschieds zwischen dem Ansatz „mark-to-market“
in einer Blase am Aktienmarkt und dem Ansatz „extend-and-pretend“ (mehr dazu siehe hier) in einer Blase am
Immobilienmarkt.
Das
heisst, dass ein Aktienkurs von 100$ am Freitag auf 1$ am Montag abpurzeln
kann, in Folge einer Blasenplatzung. Die Korrektur von off-Balance Positionen (ausserbilanziell) kann aber eine viel
längere Zeit in Anspruch nehmen.
PS:
Marked-to-Market besagt, dass der Preis eines
Wertpapiers in einem liquiden Markt festgelegt wird.
Marked-to-Model besagt, dass der Preis eines
Wertpapiers anhand eines mathematischen Modells (oft mit fragwürdigen Annahmen)
ermittelt wird, also nicht durch den Markt.
1 Kommentar:
Gjerstad und Smith beschäftigten sich mit dem gleichen Rätsel. Sie schätzen die Wertvernichtung beim Platzen der Dot-Com-Blase auf 10 Bio. US-Dollar, im Gegensatz zu etwa 3 Bio. US-Dollar beim Platzen der Subprime-Blase. Sie liefern keine befriedigende Antwort darauf, stellen aber einen interessanten historischen Vergleich mit der Großen Depression auf. Das "Exposure" der Banken ist bei Immobilienblasen immer um einiges größer als bei Aktienblasen. Bei Aktienblasen werden Verluste einfach auf die Inhaber übertragen. Bei insolventen Hypothekenschuldnern müssen die Verluste dagegen abgeschrieben werden. Dadurch gerät das gesamte Bankensystem nicht in Schwierigkeiten, außer dass dessen Gewinne für eine Weile geschmälert werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass die wahre Ursache der Großen Depression übersehen oder möglicherweise absichtlich von Wirtschaftswissenschaftlern negiert wurde. Das Bankensystem in den USA geriet erst in Schleudern als die Immobilienpreise in den Keller rauschten, nicht nach dem Börsencrash.
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