Samstag, 5. Mai 2012

Ungleichheit und Instabilität


James Galbraith erzählt im Lichte seines neuen Buches (“Inequality and Instability”) in einem lesenswerten Interview („How economist have misunderstood inequality“) in The Washington Post, wie die Ungleichheit (welche direkt messbar ist) auch als Indikator für die Instabilität gilt.

Der an der University of Texas, Austin lehrende Wirtschaftsprofessor vertritt die Ansicht, dass die wirtschaftliche Ungleichheit seit 1980 in etwa auf ähnliche Weise in der ganzen Welt steigt. Und der Anstieg scheint zum einem grossen Teil von der Finanzbranche angetrieben zu werden. Und die Veränderungen, die von der modernen Finanzwirtschaft in der globalen Wirtschaft aufgezwungen werden.

Galbraith stösst in den Daten auf gemeinsame globale Muster in Bezug auf die wirtschaftliche Ungleichheit in den verschiedenen Ländern, die allem Anschein nach sehr stark im Zusammenhang mit den wichtigsten Ereignissen in der Weltwirtschaft als Ganzes stehen. Das wichtigste sind Veränderungen in finanziellen Formen und Veränderungen im System für Financial Governance.

Die Ereignisse, die einen grossen Unterschied ausgemacht haben, sind z.B. das Ende des Bretton Wood System von 1971, die Schuldenkrise in den 1980er Jahren, der Aktienkurseinsturz im Nasdaq von 2000. All diese Dinge hatten laut Galbraith globale Auswirkungen und sie haben die Ungleichheit um die ganze Welt auf unterschiedliche Weise beeinflusst.

Galbraith deutet darauf hin, dass er in seinem neuen Buch auch erläutert, wie die Ungleichheit sich auf die makroökonomische Performance und die finanziellen Faktoren bezieht. 




Prof. James Galbraith: Inequality and Instability, Oxford University Press, May, 2012.

Die Diskussion über die Ungleichheit werde tendenziell stark von einer Marktplatz-Perspektive dominiert, welche auf der individuellen Ebene Kriterien wie Anforderungen für Fertigkeiten betont. Die Ökonomen stufen es immer als ein mikroökonomisches Problem ein, aber wenn es zur gleichen Zeit rund um die Welt geschieht, in verschiedenen Ländern, die weit voneinander entfernt sind, dann handelt es sich dabei um eine makroökonomisches Problem.

Zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und 1980 war das Wirtschaftswachstum in den USA zumeist eine ausgleichende Kraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen war nicht von der steigenden Ungleichheit abhängig. Aber nach 1980 gingen das Wirtschaftswachstum und die steigende Ungleichheit Hand in Hand, hebt Galbraith hervor. 

Was war aber los? Im Jahre 1980 haben wir wirklich einen grundlegenden Wandel erlebt. Die US-Wirtschaft war nicht mehr Lohn-geführt mit einem wachsenden öffentlichen Sektor, welcher neue Dienstleistungen anbot. Programme wie Medicare und Medicaid waren die Hauptantreiber des Wachstums in den 1970er Jahren. Die US-Wirtschaft wurde aber danach zu einer Kredit-geführten Wirtschaft.

Was die Evidenz in den USA zeigt, ist, dass der Anstieg der Ungleichheit mit Kredit-Booms zusammenhängt, welche oft Zeiträume von manchmal grossen Wohlstand darstellen. Der eine davon war in den späten 1990er Jahren mit der Informationstechnologie und der andere in den 2000er Jahren mit dem Immobilienmarkt, bevor alles auseinander fiel. 

Aber es ist zugleich auch ein Zeichen von Instabilität. Der Aktienmarkt-Crash, der  folgt, ist eine sehr hässliche Angelegenheit. Wenn wir mit Wachstum auf einer nachhaltigeren Grundlage fortfahren, dann sind die Kontrolle von Ungleichheit und die Kontrolle von Instabilität die selben Probleme. Die eine ist ein Ausdruck der anderen, beschreibt Galbraith.

PSNachDenkSeiten haben neulich am Rande der INET-Konferenz in Berlin ein ausführliches Interview mit Prof. James Galbraith geführt. Unbedingt lesenswert.

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