Dienstag, 8. Mai 2012

Anleihemärkte und Europas Sparkurs


Die Tatsache ist, dass es in Europa kein einziges Beispiel dafür gibt, wo der Anleihemarkt die Sparmassnahmen belohnt, bemerkt Joe Weisenthal in BusinessInsider.

Spanien hat z.B. harsche Rerformpläne angekündigt. Die Rendite der spanischen Staatsanleihen schiessen aber trotzdem weiter durch die Decke. Die Risikoaufschläge für Staatspapiere an der Euro-Peripherie haben sich in Folge des vom Kern der Euro-Zone aufgenötigeten Sparkurses kaum zurückgebildet.

Der in Frankreich zum Präsidenten gewählte François Hollande ist ein Gegner des rigorosen Sparkurses. Und er liegt damit völlig richtig. Die Wahlergebnisse in Frankreich und Griechenland als heikel für Europa zu bezeichnen, ist daher überzogen.

Es ist ausserdem absurd, von einer gestiegenen Gefahr für die Gemeinschaftswährung zu reden. Ganz im Gegenteil steigen die Chancen nun, dass der Euro und das Europa-Projekt überleben, wie Paul Krugman zuletzt in seiner lesenswerten Kolumne am Montag in NY Times betont.

Weil es so was wie Vertrauen Fee (confidence fairy) nicht gibt. Das heisst, dass die Behauptungen, die heftige Kürzung der Staatsausgaben würde die privaten Verbraucher und Unternehmen ermutigen, wieder kräftig mehr zu konsumieren bzw. zu investieren, durch die Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren überwältigend widerlegt worden sind.

Der Wahlsieg von Hollande bedeutet das Ende von Merkozy. Und das ist gut so. Der harsche Abbau der Ausgaben der öffentlichen Hand angesichts der depressiven Wirtschaft macht alles nur noch schlimmer. Obwohl seit etwas mehr als zwei Jahren die Doktrin der expansiven Sparpolitik (expansionary austerity)  in Europa vorherrscht, signalisieren die Bond-Märkte keine Zustimmung.

Das Engagement für eine sog. verantwortungsvolle Fiskalpolitik am Rande der Euro-Zone hat nicht zu einem Anstieg des Vertrauens geführt. Warum nicht? Weil die Finanzkrise von Anfang an aus dogmatischen Gründen (Marktfundamentalismus) als „Staatsschuldenkrise“ verkauft wurde.

Spanien und Irland hatten am Vorabend der Krise einen Haushaltsüberschuss. Die wachsende Arbeitslosigkeit und die sich verstärkende Stagnation in der Euro-Zone gehen, salopp ausgedrückt, eindeutig auf die Kappe der Austeritätspolitik.

Wenn die internationale Wettbewerbsfähigkeit in den von der Euro-Krise geplagten Staaten zu Lasten der Löhne der Arbeitnehmer wiederherstellt werden soll, dann ist es eine andere Form des Dogmas, welches auf TINA (There Is No Alternative), einer Methode der Meinungsmache beruht, schreibt William K. Black in einem lesenswerten Eintrag in New Economic Perspective.

Das ist, was „Road to Bangladesh“ genannt wird, unterstreicht Black. Die einzige Möglichkeit, einen Wettlauf nach unten (race to the bottom) abzuweisen, ist das Spiel nicht zu spielen und ein neues System zu schaffen, wo es nach oben führt.

Ein weiteres Problem des „Berlin Consensus“ (Austerität heute, Austerität morgen, Austerität immer) ist, dass die Länder, die die Löhne kürzen, sich genau so wie Deutschland zu Netto-Exporteuren verwandeln sollen. Das ist ein klassischer Fall für die „fallacy of composition“ (d.h. Fehlschluss vom Teil aufs Ganze), hebt der an der University of Missouri, Kansas City unterrichtende Professor für Rechtswissenschaften hervor. 

„Wir können nicht alle Netto-Exporteur werden. Tatsächlich macht Deutschlands grosser Aussenhandelsüberschuss es für andere EU-Staaten viel schwieriger, zu Netto-Exporteuren zu werden“. Der „Berlin Consensus“ kann nicht einmal unter seinen eigenen Konditionen für die EU „reüssieren“, fasst Black zusammen.

Keine Kommentare: