Donnerstag, 5. Januar 2012

Kollabiert Geldmultiplikator, entsteht kein Inflationsdruck

Der Geldschöpfungsmultiplikator gibt das Verhältnis zwischen dem Geldaggregat M3) und der Notebankgeldmenge (Notenumlauf + Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank) an.

Der Geldmultiplikator zeigt m.a.W., in welchem Ausmass die Banken via Kreditvergabe im Publikum Geld entstehen lassen. Da die Banken seit der Eskalation der Finanzkrise aus Vorsichtsgründen Cash (liquide Mittel) halten, hat sich der Multiplikator inzwischen dramatisch zurückgebildet.

Die Geldmultiplikatoren (Geldmenge dividiert durch Geldaggregat) sind mittlerweile Bruchteile dessen, was sie waren, bemerkt Rebecca Wilder im Blog  economonitor und liefert die folgende anschauliche Abbildung.

Der Geldmultiplikator in der Eurozone ist heute etwas mehr als ¾ des durchschnittlichen Wertes von 2007/08: 7,67 versus 10, hebt Wilder hervor.


Geldmultiplikator, Graph: Rebecca Wilder in economonitor

Das ist aber ein globales Phänomen. Auch der amerikanische Geldmultiplikator (M2) ist etwas mehr als 2/5 des durchschnittlichen Wertes von 2007/08: 4,1 versus 9,3.

Daran gemessen scheint die US-Wirtschaft in einem schlechteren Zustand als die Eurozone, argumentiert Wilder.

Sie glaubt aber nicht, dass die Einschätzung von SocGen Analysten zutrifft, dass der Geldmultiplikator in der Eurozone im Dezember auf 6 gesunken ist. Angesichts der EZB-Daten (Notenbankgeldmenge), die im Dezember 2011 veröffentlicht wurden, würde ein Geldmultiplikator (M3) von 6,2 nahelegen, dass der Geldaggregat M3 um 15% gesunken ist. Das ist unwahrscheinlich, betont Wilder.

Wie auch immer:

Das Fazit ist, dass eine Aufblähung der Geldmenge nicht automatisch zu einer Beschleunigung der Inflation führt, wenn v.a. eine Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Wenn der Geldschöpfungsmechanismus zusammengebrochen ist, entsteht daraus kein Inflationsdruck.

In der Schweiz ist die Geldbasis von 45 Mrd. Franken auf mehr als 250 Mrd. Franken gestiegen. Die jährliche Teuerungsrate beträgt Minus 2,4%. Die monetäre Expansion führt wegen der Bargeldhortung der Banken nicht zur Inflation. Wenn die Zentralbbank die Liquidität aus dem Interbankenmarkt wieder abschöpft, und das Wachstum der Geldmenge M3 unter Kontrolle hält, kann kein Inflationsdruck entstehen.

Joe Weisenthal verweist in seinem Blog auf die folgende Abbildung, mit der Bitte, sie in einer deutschen Zeitung zu veröffenlichen. Die Chart zeigt, wie die Fed durch die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) die Bilanz der Notenbank ausgeweitet hat, ohne einen Inflation-Boom auszulösen.


US-Notenbank Bilanzsumme versus Konsumenten-Preisindex (CPI), Graph: FRED via Joe Weisenthal

PS:
In diesem Blog wurde im Dezember 2009 in einem kurzen Eintrag auf die Halbierung des Geldmultiplikators in der Schweiz verwiesen. Im August 2011 wurden dann die folgenden sehenswerten Abbildungen präsentiert.

1 Kommentar:

nigecus hat gesagt…

Die M3-Geldmenge traue ich nicht aufgrund der Erhebung. Die ECB hat zwar erkannt, dass Banken Kredite syndizieren und/oder in Verbriefungen platzieren, aber bei einem True Sale ist dieses Outstanding dann nun mal weg von der Bankenbilanz.
Man kann nicht einfach von den Angaben der ECB und den Banken darauf schließen wieviel EUR-Kredite herumschwirren. Die ECB müsste auch die Transaktionen (Syndizierungen und Verbriefungen tracken) quasi den Fluss der nicht in Bankenbilanzen landet, und natürlich auch ob/wann diese Kredite getilgt werden.
Genau das denke ich macht die ECB nicht. Und nur weil man etwas nicht (ausreichend) gemessen hat und nicht misst, heißt dies nicht dass da nix wäre. Die ECBler reden dann von "wir haben geschätzt". Blöderweise sind Loan Syndication und Verbriefungen so sehr verbreitet, dass man das nicht schätzen sollte, weil dann das adjustierte ebenso nur so eine "Schätzung" ist, die auch voll daneben sein wird (und vor allem nicht zeitnah). Daraus etwas zu interpretieren ist unseriös.

Soweit ich mich erinnere kam das mit den Kreditverkäufen erst nach der GFC auf dem Radar. Ich denke die ECBler habe nur ungefähre Vorstellungen davon wie viel in den 2000er Jahre an ihrer Statistik "vergeschöpft" wurde (und noch outstanding ist). Da können die ECBler auch eine Münze werfen um das M3 Aggregat zu ermitteln.