Der
Aufschwung, nicht der Abschwung, ist der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen,
lautet Keynes Ratschlag. Die Austeritätspolitik hat im Euroland einen
gewaltigen menschlichen Schaden angerichtet. In Griechenland, Irland und
Spanien beträgt die Arbeitslosigkeit 23 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit hat
mittlerweile 50 Prozent erreicht. Dennoch besteht Brüssel auf die Fortsetzung
der arbeitsplatzvernichtenden Sparprogramme. Die Euro-Zone droht zu zerfallen. Die
Situation ist nicht hinnehmbar.
"Was
ist der deutsche Ratschlag? Antwort: Austerität", bemerkt Robert Skidelsky in einem lesenswerten, mit Marcus Miller gemeinsam verfassten Artikel („How Keynes would solve the eurozone crisis“) in FT.
Länder
mit hoher Staatsverschuldung sollen die Steuern erhöhen und die Ausgaben
kürzen, und zwar ohne Rücksicht auf die Folgen auf die Realwirtschaft. Angela
Merkel beschwört gern die schwäbische Hausfrau: „Auf lange Sicht können wir
nicht über unsere Verhältnisse leben“, legen die Autoren dar.
Untermauert
wird die deutsche Position von dem Glauben, dass die Lösung der
Verschuldungsproblematik die alleinige Verantwortung des Schuldners betrifft.
Keynes hat dagegen die Meinung vertreten, dass sowohl Schuldner als auch
Gläubiger die Wirtschaft aus dem Loch holen sollen, welches sie gemeinsam
gegraben haben. „The absolutist of contracts are the real parents of
revolution“, schrieb Keynes 1923, heben Skidelsky und Miller hervor.
Doch
Griechenland ist nur ein extremes Beispiel. Zentristische Regierungen am
Mittelmeer werden von ihren Bürgern zunehmend als ohnmächtig gesehen. Sie haben
keine unabhängige Geldpolitik, keinen Spielraum für Währungsabwertung, und
keine Berechtigung, Kapitalverkehrskontrollen zu verhängen, und begrenzte
Fähigkeit, angeschlagene Unternehmen zu stützen. Und oben drauf werden sie nun gezwungen,
restriktive Fiskalpolitik zu machen.
Fällt
die Mässigung aus, wenden sich die Bürger an diejenigen, die die Machtübernahme
versprechen, sei es von rechts oder links. Also alles andere als das verzagte
Zentrum, unterstreichen die beiden Wirtschaftsprofessoren.
Das
ist, was in den 1930er Jahren passiert ist. Es ist eine Ironie der Geschichte,
dass die europäischen Länder, die eine Wiederholung der Grossen Depression nach
der Banken-Krise unterbunden haben, nun blind in die Sackgasse geraten, die zu
Extremismus in dieser früheren Katastrophe geführt hatte, so Skidelsky und
Miller. Das deutche histrosiche Gedächtnis ist lebendig, was die Erinnerungen
an die Hyperinflation von 1920 bis 1923 betrifft. Aber es ist möglich, zu vergessen, dass es die Deflation und die Grosse Depression
waren, die Hitler 1933 an die Macht
brachten.
Eine
der Lehren aus der Geschichte ist, dass die Staatsschulden in einer Weise
angegangen werden müssen, dass weder die Wirtschaft noch das politische Zentrum
zerstört werden. Europa beherbergt einige der besten und bestbezahlten
Finanz-Experten der Welt. Setzen wir ihre Talente ein, um Regierungen zu helfen,
und um die Schulden ohne Austerität zu senken, so Skidelsky und Miller.
„Länder
der Euro-Zone müssen wieder wachsen können. Für ein Land in einer solch
verzweifelten Lage wie Griechenland mag ein Euro-Austritt wie die beste Option
aussehen, um Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Aber es ist im Interesse
sowohl von Griechenland als auch von seinen Gläubigern, dass die daraus
resultierende Abwertung gesteuert erfolgt. Wir dürfen uns zustäzlich keine
Währungskriefe aufbürden“, fassen die Autoren zusammen.
2 Kommentare:
Äh ja, und wann in den letzten Aufschwüngen haben die Regierungen gespart? Die Schuldenkrise ist eine Folge ungehemmter Kreditexpansion, bei Banken, Unternehmen und nicht zuletzt Staaten. Noch mehr Schulden für ein neues Konjunktur-Strohfeuer soll da die Lösung sein? Davon werden nicht wettbewerbsfähige, überschuldete Länder wie Griechenland u.a. wieder wettbewerbsfähig oder können ihre gigantischen Schuldenberge tilgen? Also ich glaube nicht daran. Keynes mag ja in der Theorie recht gehabt haben, aber die Realität sieht halt anders aus.
Man sollte schon zwischen Strukturreformen und Austeritätspolitik unterscheiden können. Wenn ein Land wie Griechenland in eine Schieflage gerät, kann es nicht so weiter machen wie bisher sondern muss umgehend die Ursachen bekämpfen. Dies ist leider schmerzhaft aber nicht zu ändern. Noch schmerzhafter für die breite Masse wird es allerdings, wenn man die Profiteure davonkommen lässt. Warum Reeder zum Beispiel immer noch nicht besteuert werden ist unverständlich. Warum die EZB über Target2 auch noch die Kapitalflucht der reichen Griechen subventioniert ist noch unverständlicher.
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