Die
Zürcher Kantonalbank (ZKB) liefert heute in „Daily Market Opinion“ eine bemerkenswerte Abbildung: deutsche und
schweizerische Zinsstrukturkurve.
Was
auffällt, ist das kürze Ende der sog. Ertragskurve (yield curve). Die Zinskurven haben sich im Verlauf der Euro-Krise
weiter nach unten verschoben. Der Analyst bemerkt, dass die Kurve seiner
Ansicht nach die Verunsicherung der Marktteilnehmer über die zukünftige
Geldpolitik und den Fortbestand der Eurozone zeigt.
Nicht
ganz. Es hat viel mehr mit Erwartungen zu tun. Die Marktteilnehmer gehen davon
aus, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren weltweit so ziemlich wie die
von heute aussehen wird. Wie die Zentralbanken gebetsmühlenartig wiederholen,
gibt es neben Chancen nach oben aber auch Risiken nach unten.
Die
Zinsen am kurzen Ende der Ertragskurve werden von der Zentralbank kontrolliert.
Die kurzfristigen Zinsen liegen seit 2008 nahe Null Prozent. Niemand will in
diesem Marktumfeld gern eine Anleihe mit z.B. 10 Jahren Laufzeit kaufen, weil
man, falls die Zinsen wieder ansteigen würden, keinen Verlust in Kauf nehmen
will.
Zinsstrukturkurve
Deutschland vs. Schweiz, Graph: ZKB
in: "Daily Market Opinion"
Für
Engagements auf längere Sicht verlangen die Investoren daher eine
Entschädigung. Und diese Entschädigung hängt wiederum davon ab, wie die
Investoren die wirtschaftlichen Aussichten einschätzen. Erwarten die
Marktteilnehmer, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren nicht aus der
Depression kommt, bleiben die Zinsen niedrig, auch wenn inzwischen das
Haushaltsdefizit steigt. Und es gibt kein Crowding-out. Die Wirtschaft bleibt in der Liquiditätsfalle stecken.
Vor
diesem Hintergrund ist es und bleibt die grosse Selbsttäuschung Europas, dass unverantwortliche
Haushaltsführung die Ursache der Euro-Krise sei. Der Verlauf der Zinsstrukturkurve
zeigt das spektakuläre Versagen der Austeritätspolitik im Euroland. Ausgabenkürzungen in einer
Depression belasten die Wirtschaft weiter: Die Folge wird Deflation und
Stagnation sein. Denn die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen.
Die
Zinsen sind nicht durch die Decke geschossen, wie die Mainstream-Ökonomen wie
z.B. Niall Ferguson, um nur einen Namen zu nennen, mit Nachdruck vorhergesagt hatten. Ganz im Gegenteil: Die Renditen der Staatspapiere sind in
allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften stark gesunken.
Die
Zinsstrukturkurve ist nicht steiler geworden. Die Zinsen haben besonders in den
Ländern, die sich in der eigenen Währung (Schweiz, Dänemark, Schweden)
verschulden können, sogar historisch tiefe Niveaus mit zum Teil negativen Werten
erreicht.
Schweiz
Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss
Exchange
Wie in der Abbildung zu
erkennen ist, notieren die Renditen in der Schweiz (was z.B. auch für Dänemark zutrifft) bis zu einer Restlaufzeit von 6 Jahren unter Null.
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