Montag, 6. August 2012

Zinsstrukturkurve Deutschland versus Schweiz


Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) liefert heute in „Daily Market Opinion“ eine bemerkenswerte Abbildung: deutsche und schweizerische Zinsstrukturkurve.

Was auffällt, ist das kürze Ende der sog. Ertragskurve (yield curve). Die Zinskurven haben sich im Verlauf der Euro-Krise weiter nach unten verschoben. Der Analyst bemerkt, dass die Kurve seiner Ansicht nach die Verunsicherung der Marktteilnehmer über die zukünftige Geldpolitik und den Fortbestand der Eurozone zeigt.

Nicht ganz. Es hat viel mehr mit Erwartungen zu tun. Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren weltweit so ziemlich wie die von heute aussehen wird. Wie die Zentralbanken gebetsmühlenartig wiederholen, gibt es neben Chancen nach oben aber auch Risiken nach unten.

Die Zinsen am kurzen Ende der Ertragskurve werden von der Zentralbank kontrolliert. Die kurzfristigen Zinsen liegen seit 2008 nahe Null Prozent. Niemand will in diesem Marktumfeld gern eine Anleihe mit z.B. 10 Jahren Laufzeit kaufen, weil man, falls die Zinsen wieder ansteigen würden, keinen Verlust in Kauf nehmen will.


Zinsstrukturkurve Deutschland vs. Schweiz, Graph: ZKB in: "Daily Market Opinion"

Für Engagements auf längere Sicht verlangen die Investoren daher eine Entschädigung. Und diese Entschädigung hängt wiederum davon ab, wie die Investoren die wirtschaftlichen Aussichten einschätzen. Erwarten die Marktteilnehmer, dass die Wirtschaft in den nächsten Jahren nicht aus der Depression kommt, bleiben die Zinsen niedrig, auch wenn inzwischen das Haushaltsdefizit steigt. Und es gibt kein Crowding-out. Die Wirtschaft bleibt in der Liquiditätsfalle stecken.

Vor diesem Hintergrund ist es und bleibt die grosse Selbsttäuschung Europas, dass unverantwortliche Haushaltsführung die Ursache der Euro-Krise sei. Der Verlauf der Zinsstrukturkurve zeigt das spektakuläre Versagen der Austeritätspolitik im Euroland. Ausgabenkürzungen in einer Depression belasten die Wirtschaft weiter: Die Folge wird Deflation und Stagnation sein. Denn die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen.

Die Zinsen sind nicht durch die Decke geschossen, wie die Mainstream-Ökonomen wie z.B. Niall Ferguson, um nur einen Namen zu nennen, mit Nachdruck vorhergesagt hatten. Ganz im Gegenteil: Die Renditen der Staatspapiere sind in allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften stark gesunken.

Die Zinsstrukturkurve ist nicht steiler geworden. Die Zinsen haben besonders in den Ländern, die sich in der eigenen Währung (Schweiz, Dänemark, Schweden) verschulden können, sogar historisch tiefe Niveaus mit zum Teil negativen Werten erreicht.


Schweiz Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss Exchange

Wie in der Abbildung zu erkennen ist, notieren die Renditen in der Schweiz (was z.B. auch für Dänemark zutrifft) bis zu einer Restlaufzeit von 6 Jahren unter Null.

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