Bundesbank-Präsident
Jens Weidmann kritisiert die Pläne
der EZB, ein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen in Angriff zu
nehmen, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel (via Reuters) berichtet. Die Einzelheiten eines zweiten Anleihe-Kaufprogramms dürften am 6. September auf der nächsten EZB-Ratssitzung
bekanntgegeben werden.
Im
Interview fallen u.a. folgende Argumente auf, die zitiert werden:
(a) Notenbankfinanzierung
kann wie eine Droge süchtig machen.
(b)
Die Unabhängigkeit der Notenbanker wird gefährdet.
(c)
Ein Geldsegen der Zentralbanken weckt anhaltende Begehrlichkeiten.
(d)
Die Steuerzahler der anderen Länder werden durch den Aufkauf von Staatsanleihen
belastet.
(e)
In einer Demokratie sollten über eine so umfassende Vergemeinschaftung von
Risiken die Parlamente entscheiden und nicht die Zentralbanken.
(f)
Es ist keine unmittelbare Inflationsgefahr zu sehen.
Ad
(a) Da ich mich mit Drogen und Sucht nicht auskenne, kann ich dazu nicht viel
sagen.
Ad
(b) Ist es aber nicht die Aufgabe der Zentralbanken, die Märkte zu beruhigen?
Der Gründungszweck von meisten Zentralbanken war, für die Finanzstabilität zu
sorgen. Von einer „Verknüpfung von Fiskal- und Geldpolitik“ zu reden, ist daher
historisch nicht konsistent.
Weigert
sich die Zentralbank, die Rolle als lender
of last resort wahrzunehmen, wird der Markt für Staatsanleihen in einer
Währungsunion anfällig für Liquiditätskrisen. Dadurch steigt das Risiko des Übergreifens
auf andere Mitgliedsländer, wie Paul De Grauwe überzeugend darlegt. Spanien und Italien leiden heute eindeutig
unter Ansteckungsgefahr der Krise in Griechenland.
Ad
(c) Damit wird die Moral-Hazard Problematik
angesprochen. Die betroffenden Ländern könnten von den Bemühungen absehen,
Haushaltskonsolidierung anzustreben. In einer Krise müssen Moral Hazard
Bedenken auf die Seite gestellt werden, wie Simon Wren-Lewis bemerkt.
Die
Zentralbank stellt die notwendige Liquidität bereit. Die Aufsichtsbehörde
kümmert sich um Moral Hazard. Die
Zentralbank übernimmt die Verantwortung als lender
of last resort und garantiert die Liquiditätsversorgung. Die
Aufsichtsbehörde setzt sich im Rahmen der Regulierung und Überwachung des Banken-Sektors
mit Konsequenzen im Hinblick auf Moral Hazard auseinander.
Ad
(d) Die deutsche Bundesbank hat in den 1970er Jahren im grossen Stil deutsche Staatsanleihen gekauft, um die
langfristigen Zinsen zu senken. Es ist nicht aufrichtig, heute so zu
argumentieren, wie wenn ein Anleihekaufprogramm gegen die alte
Bundesbank-Tradition verstössen würde.
Ad
(e) „Marktkonforme Demokratie“? Warum schenken wir den Märkten so viel Vertrauen und dem Staat so wenig?
Ad
(f) Richtig. Die Anleihekäufe der EZB zur Krisenbekämpfung lösen weder kurz- noch
langfristig Inflationsgefahr aus. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die Geldmenge durch die Anleihekäufe steigen würde und
ob ein Anstieg der Geldmenge unmittelbar zu Inflation führen müsste?
Die Antwort
lautet nein, wie die Beispiele aus den USA und der Schweiz zeigen. In der Schweiz ist die
Notenbankgeldmenge (monetary base)
per Ende Juli im Vergleich zum Vorjahr auf 315,5 Mrd. Franken um 305%
gestiegen. Die Teuerungsrate ist negativ. Die Inflation verläuft seit fast einem Jahr im Minus.
Fazit: Bundesbank versus EZB
bedeutet in der Praxis anhaltend menschliches Leid in Millionenhöhe: Arbeitslosigkeit.
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