Mittwoch, 8. August 2012

Bundesbank, Anleihekäufe und Gedächtsnisschwund


Erkennt man die wahren Ursachen der Euro-Krise nicht, kann auch keine Abhilfe geschaffen werden. Spanien und Italien leiden heute unter Ansteckungsgefahr der Krise in Griechenland. Italien hat zwar ein Haushaltsdefizit, aber es ist nicht besonders hoch. Grossbritannien hat ein hohes Haushaltsdefizit, und zwar viermal höher als Italien.

Dennoch zahlt Grossbritannien für Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit 1,55% Zinsen. Italien hingegen verzinst seine Staatsanleihen mit vergleichbarer Laufzeit mit 6%. Ein krasser Unterschied. Warum?

Grossbritannien kann sich in Pfund, d.h. der eigenen Währung verschulden. Italien kann es nicht, weil es Euro hat. Die britische Notenbank (BoE: Bank of England) erklärt sich zudem bereit, unbegrenzt Staatspapiere zu kaufen. In einer Währungsunion ist es aber nicht einfach, durch Sparmassnahmen die Zinsen zu drücken. Es bedarf einer gemeinsamen Handlung aller EU-Staaten.

Die EZB müsste Staatsanleihen von Italien und  Spanien aufkaufen. Aber die EZB weigert sich. Warum? Weil die deutsche Regierung dagegen ist. Warum? Weil die Deutsche Bundesbank die Ansicht vertritt, dass der Ankauf von Staatsanleihen gegen die alte Bundesbank-Tradition verstösst.

Peter Bofinger erklärt in einem lesenswerten Interview mit Kurier, dass die Deutsche Bundesbank in den 1970er Jahren im grossen Stil deutsche Staatsanleihen gekauft hat, um die langfristigen Zinsen zu senken.

„Bundesbank erleidet Anleihe-Kauf Amnesie“ berichtet Bloomberg mit Hinweis auf Bofingers Aussage. FT Alphaville redet von „ironischen Bundesbank lessons“. Die Bundesbank hat damals Staatspapiere in Höhe von 1% des BIP angekauft, weil die wirtschaftlichen Aussichten sich verschlechtert hatten.

Die Wirtschaftsleistung schrumpfte um 0,9%. Und die Bundesbank war besorgt, dass die langfristigen Zinsen (von 10,4% im Jahre 1975) weiter klettern würden, was auf Wachstum lasten und die Inflation antreiben könnte.

Bemerkenswert ist, dass die öffentlichen Anleihekäufe im Widerspruch zum Mandat der Bundesbank standen, weil es sich dabei um Schulden-Monetisierung (debt monetisation) handelte. Bundesbankpräsident Karl Klasen habe damals angeblich die Bond-Käufe „versehentlich“ auf einer Pressekonferenz angekündigt und sich deshalb trotz Kritik aus der Politik daran halten müssen. Das Argument lautete: Die Bundesbank muss Anleihen aufkaufen, um den geldpolitischen Transmissionsmechanismus (monetary policy’s transmission channel)  aufrechtzuerhalten.

Fazit: Die von der EU vorgeschriebenen Sparprogramme taugen nichts, die Refinanzierungskosten für die betreffenden Staaten zu senken. Der derzeitige Austeritätskurs schickt die Mitgliedsstaaten im Euroraum in eine schwere Rezession.

Die Austeritätspolitik hat kläglich versagt. Durch die Planung von weiteren rigorosen Sparmassmahmen, weiterhin millionenfaches menschliches Leiden in Kauf zu nehmen, ist eine Unverfrorenheit.

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