Freitag, 17. August 2012

Zeigt Kanada den Lösungsweg für die Euro-Krise?


Kaum ist die Meldung durch, dass Ökonomen dem britischen Schatzkanzler George Osborne die Unterstützung für die Austeritätspolitik entziehen, meldet sich Angela Merkel aus dem Sommerurlaub zurück.

Bundeskanzlerin Merkel erneuert ihre Forderung nach Austerität, um die Turbulenzen im Euro-Raum zu bekämpfen, indem sie mit Lob auf Kanadas Erfahrung hindeutet, schreibt Tim Duy in seinem Blog.

Merkel nimmt einen Besuch in Kanada zum Anlass, um ihre ersten öffentlichen Aussagen seit einem Monat über die Euro-Krise zu unterstreichen, berichtet Bloomberg. Die Kanzlerin begrüsst Kanadas „grosse Haushaltsdisziplin, Konzentration auf Wachtum und nicht auf Pump zu leben“ als Vorbild für den Euro-Raum.

Das ist auch die richtige Lösung für Europa, sagte Merkel bei einem Empfang in Ottawa gestern, bevor sie Gespräche mit dem Premierminister Stephen Harper aufnahm.

Das Problem ist natürlich, dass Kanada das falsche Modell ist, hebt Duy hervor. Peter Coy von Bloomberg hat früher in diesem Jahr darauf hingewiesen, warum Kanada das falsche Beispiel für die USA ist. Die rationale Basis gilt auch für Europa, argumentiert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor ergänzend.

Die Sparmassnahmen haben dazu beigetragen, die Zinsen zu senken. In den USA sind die Zinsen bereits ausserordentlich niedrig, sodass es keinen Spielraum mehr gibt.

Die Sparmassnahmen haben dazu geführt, dass der Kanada Dollar sich abgewertet hat, was die kanadischen Güter wettbewerbsfähiger machte. Die USA haben hingegen eine relativ autarke Wirtschaft, sodass das Land von einer Währungsabwertung weniger profitieren würde, wenn überhaupt.

Kanada hat von der steigenden Nachfrage nach seinen Produkten aus den USA und China profitiert, was die Abschreckwirkung des Defizitabbaus kompensiert hat. Kein Land ist heute bereit, aus den USA mehr zu importieren.

Kanada ist in der Tat eine Ausnahme. Eine IWF-Studie hat 172 Fiskalpolitik-Änderungen in fortentwickelten Staaten untersucht und herausgefunden, dass der Abbaus des Haushaltsdefizits um 1% des BIP zu einem Rückgang der Produktion um zwei Drittel Prozent geführt und die Arbeitslosigkeit um ein Drittel Prozent erhöht hat.

Duy vermutet, dass die europäischen Politiker hoffen, dass die niedrigen Zinsen all ihre Probleme lösen würden. Niedrige Zinsssätze helfen, Staatsverschuldung zu finanzieren. Aber niedrige Zinsen haben nicht die erwartete Erholung der Wirtschaft in Grossbritannien ausgelöst. Duy erwartet im Angesicht des Schadens im europäischen Finanzsystem deshalb das gleiche auch für Europa.

Merkel will nicht glauben, dass die Währungsabwertung mit einem Standard-IWF-Rettungsprogramm etwas zu tun hat. Man kann sich das Problem aber nicht davon wünschen, so Duy.

Der globale Handel ist bereits abgeschwächt. Die Herausforderung ist in Europa schlimmer, wo die wichtigsten Handelspartner in Schwierigkeiten stecken. Kanada hat darüber hinaus den Vorteil, ein Öl-Produzent zu sein, was  sich in diesem Jahrzehnt als positiv erwiesen hat.

Der letzte Punkt ist laut Duy, dass die Geschichte im Allgemeinen die Idee des Booms durch die Austerität nicht stützt. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele in Europa, die Merkel bewusst ignoriert, legt Duy dar. Und Kanada hat von einer Zentralbank profitiert, die das nominale BIP-Wachstum fördert.

Fazit: Es ist nicht gerade einfach, die Staatsquote (Schulden im Verhältnis zum BIP) zu reduzieren, wenn der Nenner (d.h. BIP) abnimmt. Es ist eine Quote (Schulden/Wirtschaftswachstum). Austerität ohne Wachstum bedeutet, dass die Staatsquote steigt, wenn das Wachstum der Wirtschaft schrumpft, was heute in Spanien, Italien usw. beobachtet werden kann.

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