Die
EZB hat am 5. Juli den Zinssatz für die
Einlagefazilität von 0,25% auf 0,00%
gesenkt. Die Zentralbank von Dänemark hat am gleichen Tag den Einlagensatz auf Minus 0,2% festgelegt. Das heisst, dass die Banken für die Einlagen, die sie
bei der Zentralbank hinterlegen, eine Art Gebühr zahlen müssen.
Vor
dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird nun immer wieder die Frage
aufgeworfen, was passieren würde, wenn auch die Fed den Zinssatz für die
Einlagen der Banken von heute 0,25% auf 0,0% senken würde. Einige Leute wundern
sich, ob die Banken weiter so viel Giroguthaben bei der Fed unterhalten würden
und stattdessen damit beginnen würden, mehr Kredit zu vergeben.
Gaetano Antinolfi und Todd Keister erklären in einem unbedingt lesenswerten Artikel („Interest on Excess Reserves and Cash „Parked“
at the Fed“) auf der Home Page von Federal Reserve Bank of New York, dass die Senkung des Zinssatzes
IOER auf Null keine bedeutende
Auswirkung auf die Menge der Gelder, die die Banken bei der Fed als Reserve deponieren,
entfalten würde.
Die
Giroguthaben, die die Banken bei der US-Notenbank halten, sind seit 2008
dramatisch gestiegen, wie in der Abbildung zu sehen ist. Die überwiegende
Mehrheit dieser Mittel stellt Überschussreserven (excess reserves)
dar. Es handelt sich dabei um Reserven, die die Summe der
Mindestreserveanforderungen übersteigen.
Um
die Frage zu beantworten, ob eine Senkung des IOER-Satzes auf Null die Banken
veranlassen würde, das Kreditvergabe-Geschäft anzukurbeln, schlagen die Autoren vor, einen Blick auf die
Bilanz der Fed zu werfen.
Guthaben
der Geschäftsbanken bei der Fed, Graph:
Federal Reserve Bank of New York
Die
Frage, die am Anfang zu stellen, ist: was bestimmt die Menge der Guthaben? Hier
ist zunächst eine einfache Version der Fed Bilanz in einer Tabelle dargestellt.
Die
Guthaben, die die Banken bei der Fed unterhalten, stehen auf der Passiv-Seite (Verbindlichkeiten)
der Bilanz der Fed. Der andere bedeutende Posten auf der Passiv-Seite sind die
Noten im Umlauf. Giroguthaben + Noten im Umlauf machen die Notenbankgeldmenge (monetary
base) aus. Die Zusammensetzung der beiden Elemente werden durch die Menge
der Noten im Umlauf, die von Unternehmen und privaten Haushalten verwendet
werden, bestimmt, für z.B. Transaktionen oder dafür, dass die Banken damit die
Bankautomaten (ATM) auffüllen.
Was
bestimmt die Grösse der Notenbankgeldmenge (monetary
base)?
Auch
auf der Bilanz der US-Notenbank müssen Verbindlichkeiten (plus Eigenkapital)
Vermögenswerten entsprechen. Die Vermögenswerte (Aktiv-Seite) der Fed bestehen
hauptsächlich aus US-Staatsanleihen und MBS (mit Hypotheken besicherte Anleihen), welche durch die Fed im Rahmen des Anleihekaufprogramms (LSAP) angekauft worden sind.
Da
die Senkung des Zinssatzes für Giroguthaben die Menge der Vermögenswerte, die
von der Fed gehalten werden, nicht verändern würde, würde sich auch die Summe
der Notenbankgeldmenge (Geldbasis) verändern. Eine Senkung (oder sogar gleich
unter Null Setzung) des IOER-Satzes würde also die Banken, Unternehmen oder
private Haushalte nicht veranlassen, mehr Noten zu halten. Daraus folgt, dass
eine Senkung des IOER-Satzes auf die Menge der Guthaben, die die Banken bei der
Fed halten, keine bedeutende Auswirkung hätte.
In
den Medien ist zumeist von „brachliegenden Mitteln“ die Rede, die bei der Fed „geparkt“
werden, wenn es um die angesprochenen Guthaben der Banken geht. Es mag für eine
einzelne Bank zutreffen, die beschliesst, wieviel Mittel sie als Reserve halten
will. Die oben geschilderte Logik zeigt aber, dass die gesamte Menge an Guthaben
nicht von den einzelenen Entscheidungen abhängt. Wie kann aber etwas, was für
eine einzelne Bank gilt, für das gesamte System als Ganzes nicht zutreffen?
Die
Auflösung des scheinbaren Rätsels ist, dass, wenn eine Bank entscheidet, eine
etwas wenigere Guthaben auf dem Reserve-Konto zu unterhalten, das Reserve-Konto der anderen Bank ansteigt, was
dazu führt, dass die gesamte Summe unverändert bleibt.
Fazit: Die Guthaben repräsentieren keine „brachliegende
Mittel“, was das Banking-System nicht gewillt ist, als Kredit zu verleihen. In
der Tat vermittelt die gesamte Summe an Guthaben, die von Banken bei der Fed unterhalten
werden, keine Information über die Kredit-Aktivitäten. Es handelt sich dabei um
eine Widerspiegelung der Entscheidungen, die die Fed trifft, wie viel
Vermögenswerte sie erwerben will.
PS:
IOER: interest
on excess reserves
PPS:
In
der Schweiz werden die Giroguthaben der Banken von der SNB nicht verzinst.
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