Mittwoch, 1. August 2012

EZB und negative Zinsen


Die EZB-Sitzung findet am Donnerstag statt. Was ist zu erwarten? Die Erwartungshaltung scheint derzeit besonders durch die jüngsten Aussagen des EZB-Chef Mario Draghi geprägt. Alle wollen wissen, was es heisst, dass die EZB alles tun werde, um den Euro zu erhalten?

Das Europe Research Team von Morgan Stanley rechnet mit Zinssenkung um 50 Basispunkte bis Ende des Jahres. Die Hälfte davon könnte bereits morgen angekündigt werden.

Eine weitere Frage, die sich in den vergangenen Tagen öfters gestellt hat, ist, ob die EZB den Zinssatz für die Einlagefazilität unter Null Prozent senken wird. Es würde bedeuten, dass die EZB dem schwedischen und dem dänischen Beispiel folgt. Die beiden nordischen Zentralbanken haben nämlich den Satz für die Einlagen bereits unter Null gesetzt.

Eine negative Verzinsung der Überschussreserven der Banken würde laut Morgan Stanley einige operative Massnahmen erfordern. Die Banken wären wahrscheinlich in der Lage, ohne eine Strafverzinsung eine bestimmte Summe an Überschussreserven im Current Account zu halten. Die EZB müsste daher einige Schritte unternehmen, um die negative Verzinsung der Einlagen zu einem wirksamen geldpolitischen Instrument zu machen.

Wie geht Dänemark damit um?

Dänemark sah sich im Sog der Euro-Krise als sicheren Hafen mit einem massiven Kapitalzufluss konfrontiert. Die starke Nachfrage nach der dänischen Landeswährung (DKK) hat einen enormen Druck ausgelöst, die Koppelung (currency peg) der dänischen Krone (DKK) an den Euro aufrechtzuerhalten.


Giroguthaben und Überschussreserven der Banken bei der dänischen Zentralbank, Graph: Morgan Stanley, Research Europe

Die dänische Zentralbank hat daher die Zinsen in den vergangenen sechs Monaten ein paar mal gelockert und schliesslich am 6. Juli negative Zinsen von -0,2% für die Einlagen (certificate of deposit) der Banken eingeführt. Das heisst, dass die Banken an die dänische Zentralbank 0,2% Zinsen zahlen müssen, damit sie bei ihr ihre Überschussreserven parken können.

Die Zentralbank hat gleichzeitig die Obergrenze für die Giroguthaben (current account) von bisher 23,3 Mrd. DKK auf 69,7 Mrd. DKK angehoben, welche nicht verzinst werden. Was ist danach passiert? Die Banken haben die Gelder von certificate of deposits ins current account deposits umgeschichtet. Der negative Netto Effekt beträgt laut Morgan Stanley 5 Basispunkte. Das heisst relativ klein.

Was ist aber der Sinn, den Zinssatz für die Überschussreserven der Banken unter die Null Grenze zu senken? Die dänische Zentralbank hat keine spezifische Erklärung abgegeben. Aber die Massnahme dürfte eher damit zu tun haben, den Druck auf die Kopplung DKK/EURO zu entlasten, als mit dem Versuch, die Mittel der Banken in die Realwirtschaft zu verlagern.

Ist es aber möglich, dass auch die EZB den Zinssatz für die Einlagen  negativ macht?

Um diese Frage zu beantworten, müssten vorerst die folgenden 5 Fragen beantwortet werden:

Würde eine negative Verzinsung der Überschussreserven die Banken veranlassen, die Kreditvergabe zwischen Süd- und Nordeuropa wiederzubeleben?

Würden Banken im Inland mehr Kredit an die Realwirtschaft verleihen? Oder auch über die Landesgrenzen hinweg?

Würden die Banken mehr Staatsanleihen kaufen? Was wäre der Effekt auf den Verlauf der Ertragskurve?

Was könnte mit der Liquidität am Markt passieren?

Was wären die Auswirkungen auf die Banken und Versicherungsgesellschaften?

Fazit: Eine negative Verzinsung der Überschussreserven würde dazu führen, dass die „Zinssätze“ für als Sicherheit (collateral) hinterlegten Papiere im Interbank Handel „kostbarer“ machen. Die Renditen am kurzen Ende der Ertragskurve würden sich v.a. in Deutschland ins Negative drehen und einige Investoren würden sich im Hinblick auf die Duration längerfristig orientieren.

Keine Kommentare: