Montag, 13. August 2012

Japan: Ist der Schuldenstand nachhaltig?


Wie lange können japanische Anleihepreise der Erdanziehungskraft trotzen? 

Das ist die Frage, der Prof. Takeo Hashi (UCSD) und Prof. Taktoshi Ito (University of Tokyo)  in einer Forschungsarbeit (Defying Gravity) nachgehen.

Obwohl es neulich viele Diskussionen über die Verschuldung einiger europäischer Staaten gegeben hat, ist Japan eine Klasse selbst, schreibt James Hamilton in Econbrowser.

Hoshi und Ito verweisen auf den Konsens zwischen akademischen Forschern, die Japans fiskalischen Kurs für unhaltbar halten.

Doi (2009), Doi, Hoshi und Okimoto (2011), Doi und Ihori (2009), Sakuragawa und Hosono (2011), Ito (2011), Ito, Watanabe und Yabu (2011) und Ostry et al. (2010): alle finden, dass der japanische Staat, ohne eine drastische Änderung in der Finanzpolitik, die Staatsquote (Schulden im Verhältnis zum BIP) nicht stabilisieren kann.

Dennoch scheinen Kreditgeber (des japanischen Staates) keine Bedenken zu haben, da die Rendite der japanischen Staatspapiere extrem niedrig verlaufen.

Hoshi und Ito argumentieren, dass das Hauptmerkmal, welches diesen Prozess aufrechterhält, ist, dass 95% der japanischen Staatspapiere dem Inland gehört. Japans Einwohner bringen ihre Ersparnisse zu den Banken und Versicherungsgesellschaften, welche zusammen mit Pensionsfonds die Gelder an den Staat zu einem niedrigen Zinssatz weiter leihen. Da aber immer mehr Japaner in den Ruhestand gehen, ist eine dramatische Veränderung wahrscheinlich. Hier ist Schätzung von Hoshi und Ito, die die gegenwärtigen Sparquote extrapolieren:


Japan Staatsverschuldung und Renditeniveau der Staatspapiere, Graph: Takeo Hoshi und Taktoshi Ito, 2012



Staatsverschuldung im Vergleich, Graph: Takeo Hoshi und Taktoshi Ito, 2012

Hoshi und Ito legen die Sparquoten zusammen, indem sie gleichzeitig annehmen, dass die Steuereinnahmen und Sozialabgaben auf ihrem aktuellen Wert von 30% des BIP verbleiben. Angesichts einer Wachstumsrate des BIP und eines angenommenen Verlauf der Zinssätze ergibt sich dann die zukünftige Staatsquote als Prozentsatz des BIP.

Die nachfolgende Abbildung zeigt, was die Autoren als die „unrealistisch optimistische Annahme“ bezeichnen, dass Japans BIP in den nächten 40 Jahren mit einem Tempo von 2% wachsen würde. Die violette Kurve, die als „Debt 1“ gekennzeichnet ist, geht davon aus, dass der Zinssatzu dem BIP-Wachstum entspricht. Demnach würde Japans Staatsquote auf 300% des BIP im Jahre 2024 und auf 400% im Jahr 2034 steigen.

Hoshi und Ito fragen, wer all diese Schultitel kaufen wird?  Japan würde bald einen Punkt erreichen, wo der Staat, auch wenn die Staatspapiere die einzigen Vermögenswerte wären, die die inländischen Einwohner kaufen, mehr Kredit im Ausland aufnehmen müsste. Ausländer wären vermutlich nicht gewillt, zu historisch tiefen Renditen weiterhin japanische Staatspapiere zu kaufen.


Staatspapiere und Finanzanlagen des privaten Sektors zwischen 2010-2040, unter der Annahme, dass das BIP um 2% wächst, Graph: Takeo Hoshi und Taktoshi Ito, 2012

Wenn der japanische Staat gezwungen wäre, höhere Zinsen an ausländische Kreditgeber zu bieten, wäre das Ergebnis sehr beunruhigend, betont Hamilton.

Hoshi und Ito heben hervor, dass die eine grosse negative Auswirkung auf Finanzinstitute entfalten würde, weil die Mehrzahl der langfristigen Staatsanleihen von Banken und Versicherungsgesellschaften gehalten werden. Steigt der Zinssatz, erleiden die Finanzinstitute Bewertungsverluste.

Fazit: Ob ein Schuldenstand nachhaltig ist, hängt nicht allein von der Höhe der Schulden ab, sondern auch von den Zinsen und dem Wachstum ab, schreibt Wolfgang Münchau in Der Spiegel

Japan lebt mit 200% Staatsschulden ziemlich gut. Argentinien war hingegen bei 65% pleite. Grossbritannien hatte nach dem Krieg einen Schuldenstand von 250% des BIP und keine Schwierigkeiten. Heute steckt das Land in einer vermeintlichen Schuldenkrise, obwohl der Schuldenstand nur 85% beträgt, also kaum höher als in Deutschland, hält Münchau fest. In Spanien ist der Schuldenstand geringer als in Deutschland. Trotzdem droht Zahlungsunfähigkeit. Es liegt auf der Hand, dass Spanien und Italien unter Ansteckungsgefahr der Krise in Griechenland leiden. Es ist das Phänomen einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, welches wie das Damoklesschwert über dem Euroland hängt.

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