Donnerstag, 16. August 2012

Paul Ryans Haushaltsplan


Von einem Plan kann eigentlich keine Rede sein. Denn es handelt sich dabei um eine Reihe von Aussagen.

Paul Krugman erläutert in seinem Blog auf Wunsch seiner Leserschaft als eine Art Dienstleistung, was der Ryan-Plan alles beinhaltet.

Was man als erstes wissen soll, ist, dass es ein paar Jahrgänge des Plans gibt, und zwar mit einigen Änderungen im Detail, aber nicht im allgemeinen Sinne. Die beste überparteiliche Analyse sei der Bericht („Long-Term Analysis of a Budget Proposal by Chairman Ryan“) des CBO über den ersten Jahrgang, hebt Krugman hervor. Es gibt zwar einige Änderungen in Details, aber wie gesagt, nicht, was die allgemeine Idee betrifft.

Es gilt zwischen der ersten Dekade, vor der Ausmusterung von Medicare und danach zu unterscheiden, unterstreicht Krugman.

Das erste Jahrzehnt

Die grossen Dinge sind (i) Umwandlung von Medicaid in ein Block Grant Program, mit viel niedrigerer Finanzierung als unter dem gegenwärtigen Gesetz entworfen ist und (ii) scharfe Kürzungen von Steuersätzen im oberen Bereich der Einkommensklasse und von Unternehmenssteuern.

Ist es ein Programm zum Abbau von Haushaltsdefizit?

Nicht auf den ersten Blick. Es ist im Grunde genommen ein Kompromiss (trade-off) der verringerten Sozialhilfen für die Armen zu Gunsten von Reichen, für die die Steuern gesenkt werden sollen, mit dem Netto-Effekt der konkreten Vorschläge, dass das Defizit erhöhen wird, statt gesenkt zu werden.

Doch Ryan behauptet, es sei eine Haushaltsdefizitkürzung, mittels zwei grosse „magische Sternchen“. Das erste ist, dass er darauf besteht, dass die Steuersenkungen die Einnahmen der öffentlichen Hand nicht verringern, weil sie sich selbst finanzieren, mit unbekannten „Basis-Verbreitung“.


Das CBO erklärt es so:

Der Pfad der Einnahmen als Prozentsatz des BIP wurde von Ryans Mitarbeitern angegeben. Der Pfad steigt stetig von rund 15% des BIP im Jahr 2010 auf 19% im Jahre 2028 und verbleibt danach auf diesem Niveau. Es gibt keine Spezifikationen von bestimmten Einnahmen-Bestimmungen, welche diesen Pfad kennzeichnen würden.

Howard Gleckman von Tax Policy Center nennt diese nicht näher beschriebenen Einnahmequellen „mystery meat“ (Fleisch unbekannter Herkunft, oft von minderwertiger Qualität) und legt nahe, dass nichts davon tatsächlich passieren würde.

Es gibt grosse angenommene Kürzungen bei den diskretionären Ausgaben im Vergleich zur aktuellen Politik. 

Das CBO erklärt wie folgt:

Diese Kombination von anderen verbindlichen und diskretionären Ausgaben würde sich angeblich zurückbilden, und zwar von 12% des BIP im Jahre 2010 auf rund 6% des BIP im Jahr 2021 und um dann im Einklang mit dem BIP-Preisdeflator ab 2022 zu verlaufen, was einen allgemeinen Rückgang im Verhältnis zum BIP auslösen würde. Keine der Vorschläge wird näher präzisiert, um den geschilderten Pfad zu generieren.

Wenn Leute über Ryans Defizit-Kürzungen reden, gilt es zu bedenken, dass der angebliche Defizitabbau in den ersten 10 Jahren von Einnahmen- und Ausgaben-Zahlen kommt, welche einfach in den Raum gestellt werden, nicht aber das Ergebnis einer im „Plan“ beschriebenen Politik sind.

Nach dem ersten Jahrzehnt:

Nach den ersten 10 Jahren wird Medicare allmählich in ein Gutschein-System (voucher system) verwandelt, mit dem Wert der Vouchers im Rückstand der projizierten Kosten im Gesundheitswesen verbleibend. Trotzdem stammt der meiste Teil des angeblichen Defizitabbaus nicht von Medicare, sondern von weiteren Kürzungen von diskretionären Staatsausgaben im Verhältnis zum BIP, sodass die Zahl eventuell auf 3,5% des BIP sinkt (siehe dafür die Tabelle 2 im CBO-Bericht). Es gibt keine Spezifikation, wie dies erreicht werden soll. Man bedenke, dass die Zahl auch Verteidigungsaussgaben einschliesst, was gegenwärtig rund 4% des BIP ausmachen, unterstreicht Krugman mit Nachdruck.

Ist dies ein Plan?

Ryan schlägt im Grunde genommen drei Dinge vor: radikaler Abbau von Medicaid, Senkung der Steuern für Unternehmen und einkommensstarke Menschen und Ersatz von Medicare durch ein drastisch weniger gut ausgestattetes Gutscheinsystem. Diese konkreten Vorschläge würden, zusammengenommen, in der Tat das Defizit in den ersten 10 Jahren und darüber hinaus erhöhen.

Alle Behauptungen eines grosses Haushaltsdefizitsabbaus basieren daher auf die magischen Sternchen. In diesem Sinne ist es nicht einmal ein Plan, sondern einfach eine Reihe von Aussagen.

Exkurs:

Medicaid: staatlicher Gesundheitsdienst für arme Leute.

Medicare: staatlicher Gesundheitsdienst für Rentner (über 65).

Diskretionäre Staatsausgaben: Ausgaben für Bildung und Verteidung. Da kann der Kongress beliebig entscheiden, wie die Programme finanziert werden.

Nicht-diskretionäre Staatsausgaben: Ausgaben für die Landwirtschaft (Agrarpolitik). Das sind gebundene Programme.

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