Warum
kauft jemand ein Wertpapier für weniger als nichts? Diese Frage stellt sich
heute am kurzen Ende der Ertragskurve in einigen europäischen Staaten.
Auch
in der Schweiz sind die Renditen am
Geldmarkt negativ. Auf den wöchentlichen Versteigerungen der Geldmarkt-Papiere
ergibt sich seit einem Jahr negative Renditen.
Auch gestern hat die schweizerische
Finanzverwaltungsbehörde ein Geldmarktpapier mit 3 Monaten Laufzeit (29. Nov
2012) zu einer Rendite von Minus 0,532%
verkauft. Auf der Auktion gingen Gebote in Höhe von 2‘852 Mio. Franken ein.
Zugeteilt wurden 952,3 Mio. Franken mit einem Einheitspreis von 100,089%. Diese
war übrigens die 54. Auktion in Folge mit einem negativen Rendite-Ergebnis.
(1) Es
gibt Investoren, die die Mittel routinemässig in risikofreie Papiere anlegen
müssen. Wenn es kein alternatives Instrument gibt, welches eine positive reale
Rendite bietet, haben passiv verwaltete Fonds keine Wahl, unabhängig vom Preis die Papiere mit negativer
Rendite zu kaufen.
(2) Angesichts
der anhaltenden Spannungen im Euro-Raum sorgt die Flucht in sichere Anlagen
(zunehmende Risikoaversion) teilweise für ein Renditeniveau unter der
Null-Marke.
(3) Es
gibt viele ausländische Investoren, die aus Gründen der Diversifikation sichere
Papiere in Schweizer Franken erwerben.
(4) Es
gibt auch einen technischen Aspekt. Die eidgenössische Finanzverwaltung (EFV)
akzeptieren seit dem 18. August 2011 auch Angebot mit einem Preis über 100%,
wodurch es nun auch zu negativen Auktionsrenditen kommt.
Schweiz
Rendite Geldmarktpapiere, Graph: SIX Swiss
Exchange
Über
das ganze Jahr 2011 bewegten sich die Renditen der Geldmarktpapiere nach
Angaben der SNB zwischen 0,158% und -1,0% (siehe Rechenschaftsbericht 2011).
Wenn
Investoren sich gegen fallende Renditen absichern wollen, ohne mit Zahlungsausfall
(default) konfrontiert zu werden,
haben sie keine Alternative, negative Zinsen in Kauf zu nehmen. Die Investoren rechnen
mit weiterhin niedrigen Zinsen in den kommenden Jahren.
Die
niedrigen langfristigen realen Zinsen bieten andererseits eine hervorragende Gelegenheit
für die öffentliche Hand, Kredit aufzunehmen und die Mittel in Projekte mit positivem Ertrag zu investieren,
z.B. in Infrastruktur, Bildung und Forschung.
Die
Regierungen sollten heute die Kreditaufnahme erhöhen, um von extrem niedrigen
Realzinsen zu profitieren. Wie Keynes sagt, ist der Aufschwung, nicht der
Abschwung der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen. Die gegenwärtige
Austeritätspolitik ist daher völlig abwegig. In einer Depression Staatsausgaben
zu kürzen, ist unverantwortlich.
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