Donnerstag, 23. August 2012

Würde die EZB eine Obergrenze für Spreads ankündigen?


Die Welt Online berichtet von „geheimen Zinszielen der EZB“. Die europäischen Währungshüter planen demnach, mit der Einführung einer Zins-Obergrenze die Spannungen am Markt zu unterbinden.

Ein ähnlicher Ansatz wurde (1) von Paul de Grauwe zuletzt im INET Blog längst geschildert und angedeutet. Der an der London School of Economics lehrende Wirtschaftsprofessor legt nahe, dass die EZB eine Obergrenze (cap) für die Risikoaufschläge (spreads) für spanische und italienishe Staatsanleihen ankündigen soll, z.B. um 300 Basispunkte. Eine solche Ankündigung wäre glaubwürdig, wenn die EZB sich verpflichten würde, ihre volle Feuerkraft einzusetzen, die unendlich ist, um das Ziel zu erreichen.

Das Gegenstück einer Obergrenze ist eine Untergrenze (floor) für Anleihepreise. Das heisst, dass die EZB garantiert, dass die Preise der Staatsanleihen nicht unter einen von ihr festgelegten bestimmten Wert fallen. Die 300 Basispunkte würden eine Art Strafe für Spanien und Italien darstellen und den Anreiz liefern, die Staatsverschuldung nicht höher steigen zu lassen.

Ein ähnlicher Ansatz wird (2) von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) seit fast einem Jahr erfolgreich angewendet. Die SNB hat am 6. September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken je Euro festgelegt, um einen (durch Spekulanten am Devisenmarkt auszulösenden) Kollaps der Wirtschaft zu verhindern. Die Untergrenze wurde nicht eingeführt, um den Wettbewerb zu verzerren, sondern um in Folge der harschen Austeritätspolitik der EU enstandenden Verzerrungen zu begegnen.

Ob die EZB tatsächlich über einen Zinsdeckel für Staatspapiere aus der Peripherie des Euro-Raums nachdenke, mag dahin gestellt sein. Aber was bekannt ist, dass die EZB sich weigert, die Rolle des lender of last resort zu übernehmen, weil sie u.a. Moral-Hazard-Problematik befürchtet. Die EZB legt zudem einen noch grösseren Wert darauf, die Qualität der eigenen Bilanz zu schützen. Die EZB will nämlich kein negatives Eigenkapital in Kauf nehmen.

Kann aber eine Zentralbank durch ein negatives Eigenkapital ihre Handlungsfähigkeit verlieren? Die Antwort, wie Thomas Jordan, SNB-Präsident in einem lesenswerten Vortrag liefert, lautet: nein. Eine Zentralbank ist nicht mit einer Geschäftsbank oder einem Unternehmen vergleichbar. Die Zentralbanken können nicht illiquid werden. Das hat zur Folge, wie Jordan beschreibt, dass eine Zentralbank in ihrer Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist, wenn ihr Eigenkapital vorübergehend negativ wird.

Willem Buiter und Ebrahim Rahbari schreiben in einer aktuellen Analyse („Looking into the Deep Pocket of the ECB“), dass die EZB einen Verlustausgleich in Höhe von 3‘400 Mrd. Euro absorbieren kann, d.h. mehr als die Grösse der Bilanzsumme der Zentralbank.

Eine Zentralbank hat aufgrund des Notenmonopols gegenüber normalen Unternehmen einen Finanzierungsvorteil und kann laut Jordan nach Verlusten langfristig immer wieder Eigenkapital aufnehmen.

Die EZB würde aufgrund ihrer autonomen Geldschöpfungsmöglichkeit nicht in einen Liquiditätsengpass geraten. Da die EZB aber darauf besteht, trotz der dramatischen Krise im Euro-Raum über ein positives Eigenkapital zu verfügen, gefährdet sie die Finanzstabilität, wie de Grauwe unterstreicht.

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