Donnerstag, 16. August 2012

BIP-Wachstum und Aktienerträge


Es gibt Investoren (*), die wegen des hohen BIP-Wachstum-Trends Aktien aus den Emerging Markets (EM) Aufmerksamkeit schenken.

Es gibt allerdings keine Korrelation, auch nicht auf lange Sicht, zwischen dem BIP-Wachstum und Erträgen von Aktien. Zum Teil, weil es in den schneller wachsenden Volkswirtschaften oft eine grosse Lücke gibt zwischen dem Wachstum der Erträge (earnings), welches mit dem BIP verbunden ist, und dem Wachstum des Gewinns pro Aktie (EPS), welches die Erträge von Aktien antreibt, erklärt das Global Cross-Asset Strategy Team von Morgan Stanley in einer gestern vorgelegten lesenswerten Analyse.

Die Abbildung zeigt die bemerkenswerte Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem Wirtschaftswachstum in China (mit Fokus auf Asien ohne Japan) und der Performance von Aktien


Asien: BIP-Wachstum und Aktien, Graph: Morgan Stanley, Global Cross-Asset Strategy Team: Greg Peters, Neil McLeish, Gerard Minack and Jason Draho.

Ein weiteres Beispiel zeigt, dass das Wirtschaftswachstum und Erträge von Aktien nicht mit einander verbunden sind. Das gilt sogar für sehr lange Zeiträume, wie die Korrelation zwischen den Erträgen von Aktien und dem BIP-Wachstum über einen Zeitraum von bis zu 105 Jahren (in der nachfolgenden Abbildung) vor Augen führt. Ironischerweise sind viele der Korrelationen negativ. Aber der wichtigere Punkt ist, dass die Aussagekraft sehr niedrig ist, wie die Autoren der Studie hervorheben.


BIP und Aktien: keine Korrelation, Graph: Morgan Stanley, Global Cross-Asset Strategy Team

Mehrere Faktoren können einen Keil zwischen dem BIP und Erträgen der Aktien treiben. Erträge werden von zwei Faktoren angetrieben: Dividenden und Veränderungen in den Aktienpreisen. Die Veränderungen in den Aktienpreisen können entweder der Veränderung in den Gewinnen pro Aktie oder der Veränderung in Bewertung zugeschrieben werden.


Achtung Stufe! Ergebnisse und EPS Verwässerung, Graph: Morgan Stanley, Global Cross-Asset Strategy Team

Es ist klar, dass historische Bewertungsänderungen viel zu der Veränderung der Erträge beitragen. Auch Ergebnisänderungen können, was je den Anstieg und den Rückgang der Gewinne im Verhältnis zum BIP widerspiegelt, auf die Erträge über einen längeren Zeitraum einwirken.

Wenn nur Gewinne und Bewertungsänderungen einen Keil zwischen dem BIP-Wachstum und den Aktienerträgen trieben, dann wäre es noch richtig, eine Korrelation zwischen dem BIP und Aktien über sehr lange Zeiträume zu erwarten. Aber es gibt einen zusätzlichen Faktor, welcher die Abkopplung von BIP-Wachstum und Aktienerträgen erklärt.

Der zusätzliche Faktor ist die Lücke zwischen den aggregierten Ergebnissen und Ergebnissen pro Aktie. Diese Lücke reflektiert einen offensichtlichen Punkt, dass Unternehmen Kapital erhöhen müssen, um das Wachstum zu finanzieren, was das Ergebnis pro Aktie verwässert. Schneller wachsende Volkswirtschaften benötigen Kapital, sodass sie einen Hang zu Verwässerung haben, erläutern die Autoren. Die nachfolgende Abbildung zeigt das Verhältnis zwischen dem Ergebniswachstum und EPS-Wachstum in den vergangenen 40 Jahren.


Dividenden und BIP: keine Verbindung, Graph: Morgan Stanley, Global Cross-Asset Strategy Team

Schnelleres Wachstum geht mit Verwässerung einher. Ein Beispiel: Das Ergebniswachstum betrug in China im Durchschnitt 41% gegenüber dem Ergebniswachstum in Dänemark mit 15%. Aber das EPS-Wachstum beläuft sich in China im Durchschnitt auf 10% versus 12% in Dänemark. Dänemarks langsameres Ergebniswachstum übersetzt sich also in schnelleres EPS-Wachstum als Chinas.

Fazit: Verwässerungsquote korreliert mit dem BIP-Wachstum. Und das EPS-Wachstum korreliert mit dem BIP-Wachstum nicht.

Es ist ein Paradox, dass die Gesamtrendite von Aktien das BIP-Wachstum über lange Zeiträume übersteigen kann. Beispiel: In den USA ist das nominale BIP rund 850-fach gestiegen, während 1$ investiert in Aktien im gleichen Zeitraum sich 25‘000 mal vermehrt hat. Diese riesige Lücke ist das Ergebnis der Aufzinsung, welche für das nominale BIP 6 ¼% pro Jahr beträgt. Der Wert der Aufzinsung für den Gesamtertrag von Aktien beträgt hingegen im Durchschnitt 9 ½% pro Jahr.

Investitionen in Aktien à la Schneeballsystem, Graph: Morgan Stanley, Global Cross-Asset Strategy Team

(*) Es handelt sich dabei zum Beispiel um Bill Gross. Joe Weisenthal sieht vor diesem Hintergrund die Quintessenz der zitierten Analyse als eine Art Ohrfeige für den PIMCO-Chef. Gross hat kürzlich in einer Studie („Cult Figures“) hervorgehoben, wie US-Aktienergebnisse nicht-nachhaltig hoch gewesen seien, weil sie das BIP-Wachstum übersteigen.

Gross sagte, dass es unmöglich wäre, dies im Verlauf der Zeit aufrechtzuerhalten und verglich das Ganze mit einem Schneeballsystem (ponzi scheme). Nun wird er von jedem zerfetzt. Jeremy Siegel, Brad DeLong, Henry Blodget usw. argumentieren einleuchtend, wie falsch Gross damit liegt.

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