Mittwoch, 25. April 2012

Euro-Krise und die schwäbische Hausfrau


Junge, Junge! Kenneth Rogoff vergleicht in einem Artikel („A euro parable: the couple with a joint account“) in FT die Probleme der Euro-Zone mit Schwierigkeiten einer Familie mit der Verwaltung eines Gemeinschaftskonto, wobei die Familienmitglieder im Verlauf der Zeit anfangen, die Privilegien zu missbrauchen.

Eine putzige Fabel, die aber wie Paul Krugman in seinem Blog beschreibt, fast vollkommen falsch ist. Warum „fast“. Wegen Griechenland. Aber was auffällt, ist, dass Rogoff ohne Hemmumgen die von der Merkel-Regierung gern vorgetragene Sichtweise über die schwäbische Hausfrau als Vorbild des musterhaften wirtschaftlichen Denkens übernimmt.

Das Denken in den Kategorien eines privaten Haushaltes ist natürlich irreführend, wenn es um die Aufklärung der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge geht.

Einzelwirtschaftlich gesehen mag der Vorwurf der unverantwortlichen Haushaltsführung an die EU-Peripherie glaubwürdig erscheinen. Aber gesamtwirtschaftlich gibt es angesichts der deutlichen Beweise keine Kausalität. Zumal Spanien am Vorabend der Finanzkrise Haushaltsaüberschuss und eine geringe Staatsverschuldung hatte. Madrid hat gegen den Stabilitätspakt nie verstossen. Deutschland hingegen schon. Berlin hat das gemeinsam beschlossene Inflationsziel in der EWU nicht erreicht, sondern unterboten.


GIPSI Staatsquote (Verschuldung im Verhältnis zum BIP), Graph: Prof. Paul Krugman

Vor dem Einbruch der Finanzkrise hatten die Länder an der EU-Peripherie keine grosse Haushaltsdefizite. Krugman nimmt die Daten von sog. GIPSI-Ländern (Griechland, Irland, Portugal, Spanien und Italien) zusammen und stellt die Summe der Haushaltsdefizite in einer interessanten Abbildung dar. Der Verlauf der Kurve war bis zum Ausbruch der Krise fallend, nicht steigend.

Es war der Zustrom des privaten Kapitals aus dem Kern in die Peripherie der Euro-Zone, der die Krise u.a. verursacht hat. Landesbanken aus Deutschland haben Geld an Cajas in Spanien geliehen, was zunächst einen Immobilienboom ausgelöst hat, der später aber in eine Spekulationsblase überging.

Das Sparen einer schwäbischen Hausfrau ist nicht wie das Sparen einer Volkswirtschaft. Eine Familie gibt einfach weniger Geld aus, wenn sie mit dem Budget nicht mehr zurechtkommt. Das klappt, weil die Einnahmen der Familie konstant bleiben. Die Einnahmen gehen also nicht zurück, während die Familie spart. Wenn aber eine Volkswirtschaft stark spart, dann stürzt die Konjunktur ab und die Steuereinnahmen fallen weg.

Krugman bedauert es daher zutiefst, dass eine nachweislich falsche Erklärung über die Euro-Zone Krise immer noch den wirtschaftspolitischen Diskurs dominiert. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hätte sich von Rogoff, der an der Harvard University Volkswirtschaftslehre unterrichtet, zu Recht etwas Besseres erwartet.

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