(Nur für Streber)
Es
gibt in letzter Zeit Argumente, die in der
amerikanischen Blogosphäre wiederholt vorgebracht werden, wonach die
Unterscheidung zwischen der Notenbankgeldmenge (monetary base) und den kurzfristigen Schuldtiteln im Allgemeinen
verschwinde, nicht nur für den Augenblick, sondern auch dauerhaft.
Das
heisst, dass Cash = T-Bills ist.
Stimmt es?
Laut Paul Krugman handelt es sich dabei um einen
falschen Zungenschlag. Es wird nämlich im gleichen Atemzug behauptet, dass es
dazwischen ohnehin keinen Unterschied gegeben hat. Was ist davon zu halten?
Schliesslich
wird auch Krugman angekreidet, mit der Aussage, dass das Gelddrucken (money printing) unter den gegenwärtigen
Bedingungen, d.h. während die Wirtschaft schwer angeschlagen (depressiv) ist, und die Zinsen auf der
Null Grenze (zero lower bound)
liegen, nicht inflationär ist, falsch zu liegen.
Erstens:
Diese Bedingungen werden aber irgendwann wieder verschwinden.
Zweitens:
Notenbankgeldmenge ist nicht gleich Bank-Reserven, wie im oben zitierten Argument
unterstellt wird. Giroguthaben der Banken bei der Fed werden verzinst. Sind sie
deswegen Schuldtitel?
Die
Bankreserven sind nur eine Komponente der Notenbankgeldmenge, betont Krugman:
Vor der Krise machten die Giroguthaben der Banken bei der Fed nur 5% der
Notenbankgeldmenge aus. Der Rest bestand aus dem Notenumlauf.
Notenbankgeldmenge
= Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Notenumlauf
Was
das Wachstum der Geldmenge heute einschränkt, ist die Tatsache, dass ein
wesentlicher Teil „jeder Runde der Kreditvergabe“ (*) dem Bankensystem entweicht
bzw. dem bereits auf der Seitenlinie gehorteten Scheinen mit den Gesichtern der
toten Präsidenten hinzugefügt wird, wie Krugman bildhaft schildert. Und die
toten Präsidenten zahlen keine Zinsen.
Unter
den heute gegebenen Umständen spielt es keine Rolle, da auch die T-Bills
(kurzfristige Staatspapiere) wie die toten Präsidenten (also Bargeld) keine Zinsen
abwerfen. Die Zinsen werden aber nicht ewig auf der Null-Grenze liegen und zu
einem gegebenen Zeitpunkt wird es wieder auf die Grössenordnung der
Notenbankgeldmenge ankommen.
Die
Fed kann, wenn sie will, die Auswirkungen eines Anstiegs der Notenbankgeldmenge
(monetary base) durch die Erhöhung
der Verzinsung der Bankguthaben sterilisieren, was die Geldmenge davor
zurückhalten würde, als Geld in den Umlauf zu gelangen. Es ändert aber am
Ergebnis nichts, wenn die Liquiditätsfalle nicht mehr vorhanden ist: das Gelddrucken
und die Ausgabe von T-Bills ist nicht dasselbe.
Cash
≠ T-Bills, wenn man mit „cash“ die Währung meint.
Es
macht heute keinen Unterschied aus, ob man die Staatsausgaben durch die Ausgabe
von Schuldtiteln, während die Zinsen auf der Null-Grenze liegen, oder durch die
Hinterlegung von Giroguthaben der Banken bei der Fed finanziert, hebt Krugman
als Fazit hervor. Entweder die Notenbankgeldmenge wird erhöht oder Schuldtitel
mit Null Zinsen verkauft.
Was
würde aber geschehen, wenn die Wirtschaft sich erholt und die Zinsen wieder
beginnen, zu steigen? Es gibt viele Möglichkeiten, erklärt Krugman:
(1) Das
Schatzamt würde die Münze einlösen, indem es eine Billion Dollar Kredit
aufnimmt,
(2) Die Münze würde bei der Fed bleiben. Aber die Fed würde die Effekte auf die
Wirtschaft sterilisieren, entweder indem sie (a) Vermögenswerte verkauft, oder
(b) die Verzinsung der Guthaben der Geschäftsbanken bei der Fed erhöht.
(3) Die Fed würde einfach die Notenbankgeldmenge ausweiten, um sie mit dem Wert der
Münze in Einklang zu bringen, was am Ende mehr Währung im Umlauf bedeuten
würde.
Steve Waldman erwartet, dass der Fall (2) b zutrifft, indem er unterstellt,
dass es zwischen (2) b und (3) keinen Unterschied gibt. Es stimmt aber nicht.
Denn die Option (3) würde Inflation bedeuten. Und es würde nicht zu einem
Anstieg der Staatsanleihen führen. Option (2) b wäre nicht inflationär. Aber
es hätte Auswirkungen auf den Haushalt. Warum? Weil die zusätzlichen
Zinszahlungen die Summe, die die Fed dem Schatzamt überweist, verkleinern würden.
Die
Auswirkungen der Option (2) b wären im Hinblick auf die Wirtschaft und den Cash
Flow der öffentlichen Hand im Verhältnis zu der Option (1) identisch. So oder
so würde das Haushaltsdefizit steigen, und zwar um die Zinszahlungen der
Kreditaufnahme in Höhe von einer Billionen Dollar.
(*)
Eine Bank vergibt (1-r) ihrer neuen
Reserven (wobei r die Reservequote
repräsentiert) als Kredit, was zum Bankensystem zurückkommt, und eine neue Runde
der Kreditvergabe antreibt, und die Geldmenge eventuell um 1/r mal erhöht. Die einfache Erklärung im Lehrbuch ist etwas
irreführend, weil das Bargeld heute vorwiegend gehortet wird.
Dass
die Fed die Girokonten der Banken verzinst, macht heute weniger Unterschied als
einige Leute denken. Kurzfristige Papiere sind nicht gleich Währung. Und
darauf kommt es an.
Bemerkung:
In
der Schweiz betrug der Anteil der
Girokonten inländischer Banken an der Notenbankgeldmenge im Jahr 2007 rund 11%. Heute 83,7%.
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