Dienstag, 15. Januar 2013

Das Gelddrucken in einer Liquiditätsfalle


(Nur für Streber)

Es gibt in letzter Zeit Argumente, die in der amerikanischen Blogosphäre wiederholt vorgebracht werden, wonach die Unterscheidung zwischen der Notenbankgeldmenge (monetary base) und den kurzfristigen Schuldtiteln im Allgemeinen verschwinde, nicht nur für den Augenblick, sondern auch dauerhaft.

Das heisst, dass Cash = T-Bills ist.

Stimmt es? Laut Paul Krugman handelt es sich dabei um einen falschen Zungenschlag. Es wird nämlich im gleichen Atemzug behauptet, dass es dazwischen ohnehin keinen Unterschied gegeben hat. Was ist davon zu halten?

Schliesslich wird auch Krugman angekreidet, mit der Aussage, dass das Gelddrucken (money printing) unter den gegenwärtigen Bedingungen, d.h. während die Wirtschaft schwer angeschlagen (depressiv) ist, und die Zinsen auf der Null Grenze (zero lower bound) liegen, nicht inflationär ist, falsch zu liegen.

Erstens: Diese Bedingungen werden aber irgendwann wieder verschwinden. 

Zweitens: Notenbankgeldmenge ist nicht gleich Bank-Reserven, wie im oben zitierten Argument unterstellt wird. Giroguthaben der Banken bei der Fed werden verzinst. Sind sie deswegen Schuldtitel?

Die Bankreserven sind nur eine Komponente der Notenbankgeldmenge, betont Krugman: Vor der Krise machten die Giroguthaben der Banken bei der Fed nur 5% der Notenbankgeldmenge aus. Der Rest bestand aus dem Notenumlauf.

Notenbankgeldmenge = Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank + Notenumlauf

Was das Wachstum der Geldmenge heute einschränkt, ist die Tatsache, dass ein wesentlicher Teil „jeder Runde der Kreditvergabe“ (*) dem Bankensystem entweicht bzw. dem bereits auf der Seitenlinie gehorteten Scheinen mit den Gesichtern der toten Präsidenten hinzugefügt wird, wie Krugman bildhaft schildert. Und die toten Präsidenten zahlen keine Zinsen.

Unter den heute gegebenen Umständen spielt es keine Rolle, da auch die T-Bills (kurzfristige Staatspapiere) wie die toten Präsidenten (also Bargeld) keine Zinsen abwerfen. Die Zinsen werden aber nicht ewig auf der Null-Grenze liegen und zu einem gegebenen Zeitpunkt wird es wieder auf die Grössenordnung der Notenbankgeldmenge ankommen.

Die Fed kann, wenn sie will, die Auswirkungen eines Anstiegs der Notenbankgeldmenge (monetary base) durch die Erhöhung der Verzinsung der Bankguthaben sterilisieren, was die Geldmenge davor zurückhalten würde, als Geld in den Umlauf zu gelangen. Es ändert aber am Ergebnis nichts, wenn die Liquiditätsfalle nicht mehr vorhanden ist: das Gelddrucken und die Ausgabe von T-Bills ist nicht dasselbe.

Cash ≠ T-Bills, wenn man mit „cash“ die Währung meint.

Es macht heute keinen Unterschied aus, ob man die Staatsausgaben durch die Ausgabe von Schuldtiteln, während die Zinsen auf der Null-Grenze liegen, oder durch die Hinterlegung von Giroguthaben der Banken bei der Fed finanziert, hebt Krugman als Fazit hervor. Entweder die Notenbankgeldmenge wird erhöht oder Schuldtitel mit Null Zinsen verkauft.

Was würde aber geschehen, wenn die Wirtschaft sich erholt und die Zinsen wieder beginnen, zu steigen? Es gibt viele Möglichkeiten, erklärt Krugman:

(1) Das Schatzamt würde die Münze einlösen, indem es eine Billion Dollar Kredit aufnimmt,

(2) Die Münze würde bei der Fed bleiben. Aber die Fed würde die Effekte auf die Wirtschaft sterilisieren, entweder indem sie (a) Vermögenswerte verkauft, oder (b) die Verzinsung der Guthaben der Geschäftsbanken bei der Fed erhöht.

(3) Die Fed würde einfach die Notenbankgeldmenge ausweiten, um sie mit dem Wert der Münze in Einklang zu bringen, was am Ende mehr Währung im Umlauf bedeuten würde.

Steve Waldman erwartet, dass der Fall (2) b zutrifft, indem er unterstellt, dass es zwischen (2) b und (3) keinen Unterschied gibt. Es stimmt aber nicht. Denn die Option (3) würde Inflation bedeuten. Und es würde nicht zu einem Anstieg der Staatsanleihen führen. Option (2) b wäre nicht inflationär. Aber es hätte Auswirkungen auf den Haushalt. Warum? Weil die zusätzlichen Zinszahlungen die Summe, die die Fed dem Schatzamt überweist, verkleinern würden.

Die Auswirkungen der Option (2) b wären im Hinblick auf die Wirtschaft und den Cash Flow der öffentlichen Hand im Verhältnis zu der Option (1) identisch. So oder so würde das Haushaltsdefizit steigen, und zwar um die Zinszahlungen der Kreditaufnahme in Höhe von einer Billionen Dollar.

(*) Eine Bank vergibt (1-r) ihrer neuen Reserven (wobei r die Reservequote repräsentiert) als Kredit, was zum Bankensystem zurückkommt, und eine neue Runde der Kreditvergabe antreibt, und die Geldmenge eventuell um 1/r mal erhöht. Die einfache Erklärung im Lehrbuch ist etwas irreführend, weil das Bargeld heute vorwiegend gehortet wird.

Dass die Fed die Girokonten der Banken verzinst, macht heute weniger Unterschied als einige Leute denken. Kurzfristige Papiere sind nicht gleich Währung. Und darauf kommt es an.

Bemerkung:

In der Schweiz betrug der Anteil der Girokonten inländischer Banken an der Notenbankgeldmenge im Jahr 2007 rund 11%. Heute 83,7%.

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