Mittwoch, 9. Januar 2013

Platin-Münzen und monetäre Blasphemie


Es steht mittlerweile fest, dass die Kommentatoren, die die Idee im Hinblick auf die Prägung von Münzen aus Platin durch das US-Schatzamt von Anfang an als Scherz abgetan haben, völlig falsch liegen.

Sara Eisen und Tom Keen haben sich beispielsweise im Bloomberg TV abschätzig darüber geäussert. Josh Barro und Joe Weisenthal hingegen haben die Diskussion mit klugen Beiträgen erkenntnistheoretisch („economics of platinum coin“) vorangebracht.

Die insbesondere in der Blogosphäre lebhaft ausgetragene Debatte wird zumindest aus intellektueller Sicht in der Tat täglich interessanter. Schliesslich handelt es sich dabei um einen Zusammenstoss von Weltansichten. Man kann sogar mit Fug und Recht von Epistemologie sprechen.

Für viele Leute auf der rechten Seite des politischen Spektrums ist nämlich Wert etwas Göttliches, wie Paul Krugman in seinem Blog zum Ausdruck bringt. Das heisst, dass Wert in Bezug auf die ewigen Normen, hauptsächlich an Gold gemessen werden muss. Krugman erwähnt Menschen, die behaupten, dass die Aktien heute eigentlich nicht gestiegen, sondern gesunken sind, weil der Dow Jones in den vergangenen Generationen mit dem Goldpreis nicht hat Schritt halten können. 

Da das Wertgesetz im Grunde genommen göttlich ist, nicht menschlich, ist menschliche Einmischung in den Prozess nicht nur dumm, sondern auch unmoralisch, beschreibt Krugman. Das Drucken von Geld, was nicht an Gold gekoppelt ist, ist daher eine Art Diebstahl, ganz zu schweigen von Blasphemie.

Die Wirtschaft ist aber ein soziales System, erstellt von Menschen für Menschen. Geld ist eine soziale Findigkeit und eine Bequemlichkeit, die dieses soziale System besser funktionieren lässt, erläutert Krugman weiter. Und es sollte sowohl in Bezug auf die Menge als auch auf die Merkmale angepasst werden können, wenn und wann es überzeugende Beweise dafür gibt, dass man damit zu besseren Ergebnissen kommt.

Die Money Morality-Leute versuchen aber uns weiszumachen, dass monetäre Blasphemie zu katastrophalen Ergebnissen in der Praxis führen werde, legt Krugman dar. Aber sie liegen mit ihren fehlgeleiteten Prognosen seit dem Ausbruch der Krise falsch, wie die aktuellen Ereignisse nachweisen. Vor diesem Hintergrund ist daran zu erinnern, dass Keynes den Goldstandard als „barbarisches Relikt“ bezeichnet hatte, was auch für die heutige Diskussion perfekt gilt.

Die Money Morality-Leute legen jedoch im Hinblick auf die Geld- und Fiskalpolitik eine Vor-Aufklärung-Haltung an den Tag. Warum auch nicht, da sie die Aufklärung ohnehin verabscheuen, wie Krugman als Fazit zusammenfasst.

In diesem Kontext ist auch der heute veröffentlichte, ausgezeichnete Artikel („The New Mercantilist Challenge“) von Dani Rodrik in Project Syndicate erwähnenswert. 

Der an der Harvard University, Kennedy School of Government lehrende Wirtschaftsprofessor betont, dass Adam Smith in seiner berühmten Abhandlung („Der Wohlstand der Nationen“) aus dem Jahr 1776 unterstreicht, dass man das Geld mit Wohlstand nicht verwechseln solle. Der Wohlstand eines Landes besteht nicht allein aus seinem Gold und Silber, sondern aus seinen Ländereien, Häusern und Verbrauchsgütern unterschiedlichster Art.

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