Freitag, 18. Januar 2013

Geld versus Geldschuld


(Nur für Streber)

Zur Zeit findet zwischen Steve Randy Waldman und Paul Krugman eine interessante, aber ziemlich komplexe Debatte in der amerikanischen Blogosphäre statt, wie Izabella Kaminska in FTAlphaville ausführlich schildert. Es dreht sich alles um die Frage, ob die Notenbankgeldmenge und kurzfristige Staatspapiere im Sog der Krise völlig übereinstimmen und was es für die Geldpolitik der Fed bedeutet.

Waldman vertritt die Ansicht, dass Bargeld und kurzfristige Schuldtitel beinahe perfekte Subsitute darstellen, da die Fed die Überschussreserven der Banken weiterhin verzinsen will, und zwar nahe am Leitzins (federal funds rate).

Waldman begründet seine These so, dass die Zentralbanken sich heute von einem reinen auf die Quantität fokussierten System zu einem „floor system“ wegbewegt hätten, wie er es selbst bezeichnet. Es sei falsch, die Null Grenze (zero lower bound) als eine vorübergehende Phase zu betrachten. Seiner Meinung nach haben wir uns nun in eine schöne neue Welt begeben, wo es keine Opportunitätskosten im Hinblick auf das Halten von „base money“ versus kurzfristige Schuldtitel gibt. Die beiden seien nahezu perfekte Substitute. Und es sei unwahrscheinlich, dass wir in den alten Rahmen wieder zurückkehren.

Krugman hingegen ist der Auffassung, dass man kurzfristige Schuldtitel mit Notenbankgeldmenge (monetary base) nicht gleichsetzen könne, weil die Notenbankgeldmenge i.d.R. im Wesentlichen aus Noten im Umlauf besteht.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor verweist darauf, dass die Gewichtung der Giroguthaben der Banken bei der Fed nur aufgrund der anhaltenden Finanzkrise angestiegen ist, zumal Cash immer Null Zinsen abwirft, wie die Überschussreserven, die in normalen Zeiten nicht verzinst werden.


Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der Fed: 1‘458 Mrd. $ per Jan 11, 2013, Graph: FRED Fed St. Louis

Krugman sieht natürlich ein, dass es im heutigen Marktumfeld kaum einen Unterschied gibt. Aber wenn die Zentralbank beginnt, die Zinsen wieder anzuheben, werden die Dinge völlig anders aussehen. Die kurzfristigen Schuldtitel werden wieder Zinsen abwerfen, während die Notenbankgeldmenge nicht.

Krugman wirft grundsätzlich zwei Fragen auf, um dann die Antworten zu liefern:

(1) Verändert die Verzinsung der Überschussreserven der Banken (IOER) bei der Notenbank die Grundlagen der Geldpolitik und ihre Beziehung zum Haushalt?

(2) Verändert die Verzinsung der Überschussreserven (IOER) der Banken bei der Notenbank die Tatsache, dass die Notenbank eine grosse Macht über die gesamtwirtschaftliche Nachfrage verfügt, es sei denn, die nominalen Zinsen liegen auf der Null Grenze (zero lower bound)? Eine Zusatzfrage, die damit zusammenhängt: Verändert die Verzinsung der Überschussreserven (IOER) der Banken bei der Notenbank die Tatsache, dass es einen wichtigen Unterschied zwischen der Finanzierung des Haushaltsdefizits mit Schuldenaufnahme (Ausgabe von Anleihen) und mit Geld (money printing) gibt, wenn die Wirtschaft nicht in einer Liquiditätsfalle steckt?


Verzinsung der Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der Fed: 0,25%, Graph: FRED Fed St. Louis

Krugmans Antwort auf die beiden Fragen lautet „nein“. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises erklärt weiter, dass die Fed-Politik in Zukunft die Verzinsung der Überschussreserven der Banken ändern kann, aber nicht die Offenmarktgeschäfte. Die operative Darstellung der Fed-Politik mag sich also verändern, wenn die Wirtschaft sich wieder erholt. Aber es ändert sich an der Realität nichts, dass die Fed über die Macht verfügt, Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu nehmen. Und es wird auch in Zukunft einen grossen Unterschied dazwischen geben, ob das Haushaltsdefizit mit Schuldenaufnahme (d.h. Bonds) oder mit Geld (money printing) finanziert wird,solange man mit diesen Begriffen vorsichtig umgeht.

Die Finanzierung eines Haushaltsdefizits durch die Kreditaufnahme von der Fed, was wiederum einen Anstieg der Überschussreserven induziert, und damit inflationäre Auswirkungen durch die Erhöhung der Zinsen sterilisiert, mag für Leichtgläubige wie eine Defizitfinanzierung durchs Gelddrucken aussehen. Aber es ist in der Tat eine Finanzierung durch Kreditaufnahme, hebt Krugman mit Nachdruck hervor.

Auf der anderen Seite: Wenn die Regierung von der Fed Kredit aufnimmt und die Fed die Verzinsung von Überschussreserven (IOER) nicht erhöht, heisst es im Grunde genommen, dass die Regierung Geld druckt, um die Finanzierungslücke zu schliessen, was ja eine Erweiterung des Geldes im Umlauf bedeuten würde. Und das wäre natürlich inflationär, es sei denn, die Wirtschaft steckt in einer Liquiditätsfalle.

Die IOER verändert also die Grundkenntnisse der Makroökonomie nicht. Es gibt jedoch neue Details in Bezug auf die operativen Funktionen der Geldpolitik im Hinblick auf den Geldmultiplikator, was jedoch im Verlauf der Finanzkrise offensichtlich geworden ist, sodass Ökonomen die Aggregate der Geldmenge nicht mehr als Mass für die Politik wie vor Jahren betrachten. Es geht heute um Ziel-Zinssätze.

Fazit: Was Krugman dabei nicht gefällt, ist, zu sagen, dass Gelddrucken (cash) und kurzfristige Schuldtitel das gleiche sind, was darauf hinausläuft, dass die wirklichen Unterschiede zwischen Geld- und Fiskalpolitik sonst verschwinden.

Die Debatte hat im Grunde genommen mit Liquiditätspräferenzen zu tun. Die IOER ist wahrscheinlich der ausschlaggebende Faktor, warum die Zinssätze für private Einlagen nicht negativ werden. Auf diese Weise wird auch die Gefahr von „breaking the buck“ (Definition) am Geldmarkt unterbunden.

Keine Kommentare: