Mittwoch, 23. Januar 2013

Kein Anstieg der Staatsausgaben


Die Haushaltsdebatte steht in den USA im Schatten von Aspekten, die, wie jeder weiss, nicht zufällig falsch sind. Die eine Vorstellung, dass wir eine Fiskal-Krise haben, wird durch die Fakten widerlegt, dass (a) die öffentliche Hand sich aufgrund der niedrigen Zinsen günstig Mittel beschaffen kann und (b) die mittelfristigen Projektionen im Hinblick auf das Haushaltsdefizit nicht alarmierend sind. Eine zweite Vorstellung ist, dass das Haushaltsdefizit durch einen Anstieg der Staatsausgaben angetrieben wird.

Paul Krugman hat über den zweiten Punkt viel geschrieben. Da die Wirtschaft sich entlang des Konjunkturzykluses weiter entwickelt hat, nimmt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor heute in seinem Blog noch einmal dazu Stellung.

Entscheidend ist, zu verstehen, dass der Zustand des Konjunkturzykluses mitberücksichtigt werden muss. Was heisst das? Es heisst, dass es nicht ausreicht, nur den Anteil der Staatsausgaben am BIP zu betrachten. Die Beobachtung kann in der Folge einer schweren Rezession, gefolgt von einer langsamen Erholung tief irreführend sein.

Warum ist dies wichtig? (1) Wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist, wenn das BIP im Verhältnis zum Potenzialwachstum niedrig ist, sieht der Anteil der Staatsausgaben am gesamten BIP dementsprechend hoch aus.

Man denke an die Verpflichtungen (Ausgaben) wie z.B. für die Verteidigung, Sozialversicherung, Medicare usw., die i.d.R. im Einklang mit dem Wirtschaftswachstum wachsen. Wenn die Wirtschaft einstürzt, und es eine lange Zeit in Anspruch nimmt, sich davon zu erholen, machen die erwähnten Ausgaben-Programme vorübergehend einen grösseren Anteil am BIP aus, auch wenn es inzwischen keine Beschleunigung ihres Wachstums stattgefunden hat, erklärt Krugman.


US Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial, Graph: Prof. Paul Krugman

(2) Es gibt einige Programme wie Arbeitslosengeld, Essensmarken und in gewissem Masse auch Medicaid, die tendenziell zu mehr Ausgaben führen, wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist und mehr Menschen in Not geraten. Und das ist richtig so! Der vorübergehende Anstieg der Arbeitslosenunterstützung kann aber nicht als Zeichen der ausser Kontrolle geratenen Ausgaben charakterisiert werden.

Wie bekommt man aber ein besseres Bild? Man betrachte (I) die Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial (potential output), nicht zum gegenwärtigen BIP. Und man behalte (II) den Konjunkturzyklus im Auge, insbesondere, wie die Ausgaben sich entwickeln, wenn die Wirtschaft sich allmählich erholt.

In der Abbildung sind die Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial dargestellt. Was wir sehen, ist keine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung: es gibt tatsächlich einen erheblichen Rückgang während der Clinton-Jahre, was zum Teil sinkende Verteidigungsausgaben widerspiegelt, und dann einen mässigen Anstieg der Ausgaben in der Amtszeit von Bush, was hauptsächlich die Ausgaben für den Krieg mit Terror (War on Terror) reflektiert. Und schliesslich gibt es einen vorübergehenden Anstieg im Sog der Finanzkrise. Aber viel vom plötzlichen Anstieg ist bereits umgekehrt.

Krugman liefert dazu noch eine Grossaufnahme, um die letzten zwei Jahre der Bush-Regierung mit den ersten vier Jahren der Amtszeit von Obama zu vergleichen.


US Staatsausgaben Bush versus Obama, Graph: Prof. Paul Krugman

Das ist also die Geschichte des starken Anstiegs der Staatsausgaben.

Es gibt natürlich andere Faktoren wie z.B. eine alternde Bevölkerung sowie steigende Kosten im Gesundheitswesen, die zu berücksichtigen sind. Und einige davon nehmen bereits Einfluss auf den Trend der Ausgaben, hält Krugman fest. Aber die Idee, dass die Staatsausgaben durch die Decke schiessen und das gegenwärtige Haushaltsdefizit diesen starken Anstieg widerspiegelt, ist einfach falsch und verzerrt die öffentliche Diskussion.

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