Die
Haushaltsdebatte steht in den USA im Schatten von Aspekten, die, wie jeder
weiss, nicht zufällig falsch sind. Die eine Vorstellung, dass wir eine
Fiskal-Krise haben, wird durch die Fakten widerlegt, dass (a) die öffentliche
Hand sich aufgrund der niedrigen Zinsen günstig Mittel beschaffen kann und (b)
die mittelfristigen Projektionen im Hinblick auf das Haushaltsdefizit nicht
alarmierend sind. Eine zweite Vorstellung ist, dass das Haushaltsdefizit durch
einen Anstieg der Staatsausgaben angetrieben wird.
Paul Krugman hat über den zweiten Punkt viel
geschrieben. Da die Wirtschaft sich entlang des Konjunkturzykluses weiter
entwickelt hat, nimmt der an der University
of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor heute in seinem Blog noch einmal dazu Stellung.
Entscheidend
ist, zu verstehen, dass der Zustand des Konjunkturzykluses mitberücksichtigt
werden muss. Was heisst das? Es heisst, dass es nicht ausreicht, nur den Anteil
der Staatsausgaben am BIP zu betrachten. Die Beobachtung kann in der Folge
einer schweren Rezession, gefolgt von einer langsamen Erholung tief irreführend
sein.
Warum
ist dies wichtig? (1) Wenn die Wirtschaft schwer angeschlagen ist, wenn das BIP
im Verhältnis zum Potenzialwachstum niedrig ist, sieht der Anteil der
Staatsausgaben am gesamten BIP dementsprechend hoch aus.
Man
denke an die Verpflichtungen (Ausgaben) wie z.B. für die Verteidigung,
Sozialversicherung, Medicare usw., die i.d.R. im Einklang mit dem
Wirtschaftswachstum wachsen. Wenn die Wirtschaft einstürzt, und es eine lange
Zeit in Anspruch nimmt, sich davon zu erholen, machen die erwähnten
Ausgaben-Programme vorübergehend einen grösseren Anteil am BIP aus, auch wenn
es inzwischen keine Beschleunigung ihres Wachstums stattgefunden hat, erklärt
Krugman.
US
Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial, Graph: Prof. Paul Krugman
(2) Es gibt einige Programme wie Arbeitslosengeld, Essensmarken und in gewissem
Masse auch Medicaid, die tendenziell zu mehr Ausgaben führen, wenn die
Wirtschaft schwer angeschlagen ist und mehr Menschen in Not geraten. Und das
ist richtig so! Der vorübergehende Anstieg der Arbeitslosenunterstützung kann aber
nicht als Zeichen der ausser Kontrolle geratenen Ausgaben charakterisiert
werden.
Wie
bekommt man aber ein besseres Bild? Man betrachte (I) die Staatsausgaben im
Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial (potential output), nicht zum
gegenwärtigen BIP. Und man behalte (II) den Konjunkturzyklus im Auge,
insbesondere, wie die Ausgaben sich entwickeln, wenn die Wirtschaft sich
allmählich erholt.
In
der Abbildung sind die Staatsausgaben im Verhältnis zum gesamtwirtschaftlichen
Produktionspotenzial dargestellt. Was wir sehen, ist keine kontinuierliche
Aufwärtsentwicklung: es gibt tatsächlich einen erheblichen Rückgang während der
Clinton-Jahre, was zum Teil sinkende Verteidigungsausgaben widerspiegelt, und
dann einen mässigen Anstieg der Ausgaben in der Amtszeit von Bush, was
hauptsächlich die Ausgaben für den Krieg mit Terror (War on Terror) reflektiert. Und schliesslich gibt es einen
vorübergehenden Anstieg im Sog der Finanzkrise. Aber viel vom plötzlichen
Anstieg ist bereits umgekehrt.
Krugman
liefert dazu noch eine Grossaufnahme, um die letzten zwei Jahre der
Bush-Regierung mit den ersten vier Jahren der Amtszeit von Obama zu vergleichen.
US
Staatsausgaben Bush versus Obama, Graph:
Prof. Paul Krugman
Das
ist also die Geschichte des starken Anstiegs der Staatsausgaben.
Es
gibt natürlich andere Faktoren wie z.B. eine alternde Bevölkerung sowie
steigende Kosten im Gesundheitswesen, die zu berücksichtigen sind. Und einige
davon nehmen bereits Einfluss auf den Trend der Ausgaben, hält Krugman fest.
Aber die Idee, dass die Staatsausgaben durch die Decke schiessen und das
gegenwärtige Haushaltsdefizit diesen starken Anstieg widerspiegelt, ist einfach
falsch und verzerrt die öffentliche Diskussion.
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