Mittwoch, 16. Januar 2013

Gibt es heute “financial repression”?


Eines der Hauptziele von financial repression ist, die nominalen Zinsen niedriger als sonst zu halten, was die Zinsaufwendungen der öffentlichen Hand verringert und zum Abbau des Haushaltsdefizits beiträgt, schreibt Greg Peters, Morgan Stanley in einer heute vorgelegten lesenswerten Forschungsarbeit.

Liegt die Inflation höher als die Verzinsung der Staatspapiere, werden die Schulden des Staates liquidiert.

Die wichtigsten Merkmale von financial repression sind:

Ausdrückliche oder indirekte Deckelung von Zinsen.
Kapitalverkehrskontrollen & Wechselkurskontrollen
Direkte Eigentümerschaft an oder umfangreiches Management von Banken und anderen Finanzinstituten.

Sowohl die öffentliche Hand als auch der Privatsektor sind heite hoch verschuldet. Um die Schuldenlast loszuwerden, müssen die Volkswirtschaften wachsen, umschulden oder in Zahlungsrückstand geraten (default) oder das Schuldenproblem durch vorübergehend erhöhte Inflation entledigen. Eine Hochinflation ist nicht notwendig. Werden die Zinsen gegen die Null Grenze gedrückt, wird die Schuldenlast durch negative Realzinsen allmählich liquidiert.


Der globale Schulden-Zyklus, Graph: Greg Peters, Morgan Stanley



Negativ-Realzinsen, Graph: Greg Peters, Morgan Stanley

Gibt es zur Zeit „financial repression“? Die Antwort lautet: Ja, aber. Denn eine tragende Säule der „finanziellen Unterdrückung“ (financial repression) sind künstlich gedämpfte Nominalzinsen, als Folge der Fed-Politik ZIRP und QE3.

Es gibt jedoch andere wirtschaftspolitische Massnahmen, die ausdrücklich Einlagen oder Sparquoten deckeln, Aufkauf von Staatsanleihen erfordern oder Kapitalverkehr einschränken.

Die aussergewöhnlich niedrigen Renditen der Staatspapiere sind ein Ergebnis des weltweit abnehmenden Angebots an „risiko-freien“ Anlagen, kombiniert mit der weltweit erhöhten Risikoaversion unter Investoren, was die Nachfrage nach US-Treasury Bonds weiter steigert. Daher gelten die sehr niedrigen Zinssätze zum Teil als „freiwillige“ Repression (voluntary repression).


Negativ-Realzinsen zeigen die Flucht in sichere Vermögenswerte, die anhand des beschränkten Angebots rar werden, was als „freiwillige Repression“ bezeichnet wird, Graph: Greg Peters, Morgan Stanley

Während der Great Depression hat der Privatsektor Schulden abgebaut. Die Staatsverschuldung, die v.a. wegen des negativen BIP-Wachstums gestiegen ist, hat sich bis zum Zweiten Weltkrieg nicht wesentlich erhöht.


Verschuldung während der Great Depression (1930er Jahre): Privatsektor versus öffentlicher Sektor, Graph: Greg Peters, Morgan Stanley

Heute: Während der Privatsektor die Schulden abbaut, steigen die Staatsausgaben, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln. Ziel ist eine Wiederholung von Great Depression zu vermeiden.


Update:

The Economist nimmt auch kurz Stellung zu der von uns oben zitierten Forschungsarbeit in einem Artikel („National balance sheets“).



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