Montag, 25. Oktober 2010

Expansive Fiskalpolitik: Warum Schulden nicht gleich Schulden sind

Eines der häufigen Argumente gegen die Fiskalpolitik, die sich vernünftig anhören mag, ist zur Zeit, dass die Verschuldung das Problem ist: Wie kann also Verschuldung die Lösung sein? Haushalte haben sich zu stark verschuldet. Soll also der Staat nun zu viele Schulden aufnehmen? Etwas stimmt aber mit diesem Argument nicht. Was? Es wird implizit davon ausgegangen, dass Schulden Schulden sind, d.h. es keine Rolle spielt, wer das Geld schuldet, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Das kann aber nicht sein, bemerkt der Nobelpreisträger. „Sollte das stimmen, hätten wir an erster Stelle nicht ein Problem“. „Nach allem, als eine erste Annäherung, sind die Schulden das Geld, das wir uns selbst schulden. „Ja, die USA schulden China Geld. Aber das ist nicht der Kern des Problems“, erklärt Krugman. Ignoriert man die ausländische Komponente oder blickt auf die Welt als Ganzes, machen die Schulden keinen Unterschied zum aggregierten Vermögen. Die Schulden einer Person ist das Vermögen einer anderen Person, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.


Verschuldung und Depression, Graph: Prof. Paul Krugman
Die blaue Linie: Gesamtverschuldung (öffentlich + private) in Mrd. $ und die rote Linie: Verschuldung als Prozent des BIP.

Daraus folgt, dass die Höhe der Verschuldung nur dann von Bedeutung ist, wenn die Verteilung des Vermögens von Bedeutung ist, wenn hoch verschuldete Spieler verschiedenen Zwängen gegenüberstehen als Spieler mit niedrigerer Verschuldung, legt Krugman dar. Und das bedeutet, dass nicht alle Schulden gleich sind, weshalb die Kreditaufnahme durch manche Akteure jetzt helfen kann, um Probleme zu lösen, welche durch übermässige Kreditaufnahme durch andere Akteure in der Vergangenheit verursacht worden sind, erläutert Krugman weiter.

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der es nur zwei Arten von Menschen (Kiyotaki-Moore Model) gibt: Sams, die Verschwender, und Janets, die Umsichtigen. In dieser Welt gehen wir davon aus, dass keine reale Investition möglich ist, sodass Kredite nur aufgenommen werden, um den Verbrauch von mehr als Einkommen zu finanzieren. Insbesondere haben die Sams in der Vergangenheit von Janets zur Konsumfinanzierung Geld geliehen. Nun passiert aber etwas, sagen wir, dass ein „Grund und Boden“-Blase zusammenbricht, was die Sams zwingt, die Kreditaufnahme zu stoppen, und um ihre Schulden zu bedienen. Damit die Sams das tun können, müssen die Janets bereit sein, die Ersparnisse aufzubrauchen (dissave), und ihre Vermögenswerte runterfahren. Welchen Anreiz hätten sie, so zu handeln? Die Antwort ist ein Rückgang der Zinssätze. Der normale Weg also, dass die Wirtschaft mit „balance sheet“-Problemen der Sams fertig wird, geht durch eine Phase der niedrigen Zinssätze. Was ist aber, wenn nicht einmal Null Zinsen tief genug sind? Nicht tief genug, genügend Entsparren durch Janets zu veranlassen, damit diese mit den Ersparnissen der Sams übereinstimmen? „Dann haben wir ein Problem. Das zugrunde liegende makroökonomische Modell wurde zwar nicht angegeben. Aber es scheint eindeutig, dass wir einer depressiven Realwirtschaft und deflationärem Druck gegenübersehen“, erklärt Krugman. Und „das wird zerstörerisch sein, nicht nur wird die Produktion unter dem Potenzial liegen, sondern auch gedämpfte Einkommen und Deflation werden es Sams schwer machen, die Schulden abzuzahlen“. Was kann getan werden? „Eine Antwort ist Inflation, die zwei Dinge tut: sie ermöglicht negative Realzinsen und sie erodiert die Schulden der Sams“, so Krugman. „Ja, das wird einer Weise die Exzesse der Vergangenheit belohnen. Aber die Wirtschaft kennt keine Moral“, beschreibt Krugman weiter. Die Inflation zerfrisst die Vermögenswerte der Janets zugleich, und zwar um den gleichen Betrag, wie sie die Schulden der Sams erodiert. Aber die Sams sind „balance sheet“ gebunden, während die Janets nicht, sodass das Ganze netto positiv für die aggregierte Nachfrage ist.

Was ist aber, wenn für Inflation nicht gesorgt werden kann? Nun kommt der dritte Charakter: Der Staat Gus. Angenommen, dass er für eine Weile Schulden aufnehmen kann, indem er das geliehene Geld für den Kauf von nützlichen Dingen wie Eisenbahntunnel, Brücken usw. ausgibt. Die wahren sozialen Kosten dieser Dinge sind sehr gering, weil der Gus Ressourcen einsetzt, die sonst arbeitslos wären. Und er wird es für die Sams möglich machen, die Schulden zu bedienen. Wenn der Gus lange genug daran bleibt, kann er die Sams und Janets zu dem Punkt bringen, wo die beiden nicht mehr „balance sheet“-gebunden sind und weiteres deficit spending nicht mehr erforderlich ist, um Vollbeschäftigung zu erreichen. Ja, private Schulden werden zum Teil durch öffentliche Schulden ersetzt. Der Punkt ist aber, dass die Schulden von „balance sheet“-gebundenen Spielern weggeschoben werden, sodass die Probleme der Wirtschaft sich reduzieren, selbst wenn das Gesamtniveau der Verschuldung nicht gesunken ist.

Fazit: Die plausibel klingenden Argumente, dass Schulden keine Schulden heilen können, sind einfach falsch. Ganz im Gegenteil: Eine lang anhaltende Phase wirtschaftlicher Schwäche würde das Schuldenproblem verschlimmern, fasst Krugman zusammen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Krugman hör auf die Leute zu desinformieren. Ohne Schulden gibt es auch kein Schuldenproblem.Dies wird auch nicht anders dadurch,dass Helikopter-Ben und Co die Zinsen in übelster Weise manipuliert um billig noch weitere Schulden zu Lasten der amerikanischen Nation machen zu können.
Dieses Verhalten wird in die Lehrbücher der kommenden Generationen eingehen als Paradebeispiel, wie man eine Währung und den Wohlstand einer ganzen Nation ruiniert.

Faam