Montag, 11. Oktober 2010

Steuersenkungen und fragwürdige Anreize

Greg Mankiw beklagt in einem Essay („I Can Afford Higher Taxes. But They’ill Make Me Work Less“) in NYT am Sonntag, dass er, wenn die Steuern für Leute mit hohem Einkommen wie ihn steigen sollten, nicht mehr so hart arbeiten würde. Das heisst, dass er nicht in der Lage, so viel für seine Kinder zu überlassen. Anreize sind von Bedeutung, bemerkt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor. „Wenn das der Fall ist, dann wundere ich mich, warum jemand, der versucht, Anreize wahrzunehmen, für seine Kinder hart zu arbeiten und um der Kinder willen erfolgreich zu sein, die akademische Welt verlässt und ein hochbezahlter Berater wird“, fragt Mark Thoma zu Recht in einer Stellungnahme auf Mankiws Argumentation. Thoma ist sich sicher, dass Mankiw als Berater alles abräumen würde. „Die gleiche Anstrengung, die er als Akademiker hinlegt, würde anderswo viel höher kompensiert“, hält Thoma fest.

„Die Tatsache, dass er sich von vornherein für einen akademischen Weg entschieden hat, zeigt, das es nicht nur ums Geld geht“, erklärt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Mankiw stellt selbst klar, dass er an der Harvard jede Chance bekommt. „Das sagt, dass die Erträge für sein Ego genauso wichtig sind wie der finanzielle Ertrag. Mankiw würde sogar seine Kolumne trotzdem weiterschreiben, selbst wenn die NYT ihn nicht mehr bezahlen würde“, argumentiert Thoma. „Aber ich glaube, dass wir sehen werden, dass Greg Mankiw seine Kolumne bei der NYT aufgeben wird, wenn die Steuern erhöht werden sollten“, so Thoma. Mankiw impliziert nämlich, dass es einfach nicht wert sein wird. Wir werden sehen, ob er es wirklich so meint, was er sagt.

Auch Brad DeLong hält nicht viel von Greg Mankiws Argumenten, v.a. aus zwei Gründen: (a) politisch-moralisch und (b) analytisch-ökonomisch. In  seinem Blog geht DeLong zunächst auf die ökonomischen Gründe ausführlich ein: (I) Die Steuern auf Mankiw’s Einkommen aus Kolumnen bei NYT werden, wenn er das Geld in 30 Jahren seinen Kindern überlassen will, höher sein als die heute gültigen Bush-Ära-Steuersätze. Die Steuern werden aber nicht höher sein, weil Barack Obama etwas getan oder nicht getan hat, sondern aus drei Gründen, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. (1) George W. Bush und seine Berater (Greg Mankiw war einer von denen) haben versagt, Ausgabenausgleiche zu finden, um die vorübergehenden Steuersenkungen von Bush zu finanzieren, (2) George W. Bush und seine Berater (Greg Mankiw war einer von denen) haben sehr grosse langfristige Ausgabensteigerungen beschlossen, ohne die Finanzierung zu ergründen; z.B. Medicare Part D, und (3) George W. Bush und seine Berater (Greg Mankiw war einer von denen) haben eine zweite sehr grosse Ausgabensteigerung beschlossen, indem sie durch eine starke Erhöhung der Grösse eines konventionellen Militärs auf die Al Qaida reagiert haben, ohne den Weg der Finanzierung zu ergründen.

Je früher die Steuern erhöht werden, um die Medicare Part D, die erhöhten Militärausgaben und andere Ausgaben für Medicaid zu finanzieren, und die Einnahmenrückgänge in den vergangenen 10 Jahren wegen der Bush-Steuersenkungen auszugleichen, desto niedriger werden die Steuern auf Greg Mankiw’s Rettung von seinen Kindern sein, erläutert DeLong. (II) Greg Mankiw sagt, dass es sich für ihn lohnt, zu schreiben, wenn die Kolumnen netto 2’000$ im Jahre 2040 erzeugen, aber nicht, wenn sie 1’000$ generieren. Das sollte aber nicht sein, wenn jemand Kolumnen schreibt. In der Tat ist es so, dass die Leute Kolumnen schreiben, weil sie die Leser informieren und bilden wollen, und nicht um Geld für seine Kinder zu überlassen, hebt DeLong hervor. „Die Kolumnen, die geschrieben werden, um nicht zu informieren, sondern zu unterhalten, sind wertlos als Quelle für Informationen und Bildung für die Leser, hält DeLong fest. DeLong betont, dass er nicht glaubt, dass eine Gesellschaft überleben kann, wenn die Stimmen für politisch-ökonomische Themen in der Öffentlichkeit nicht informieren, sondern nur unterhalten wollen. Die Gesellschaft kann nur dann überleben, wenn diejenigen, die Kolumnen schreiben, von einem Zauber-Gelübde (geas) angetrieben werden, Amerikaner zu besser gebildeten Bürgern zu machen, nicht davon, um mehr Wohlstand den eigenen Kindern zu überlassen. Wir sollten nicht Kolumnen schreiben, nur weil wir unseren Kindern das extra Geld in 30 Jahren überlassen wollen, sondern weil wir die Mitbürger besser informieren wollen. Edmund Burke hat es am besten zum Ausdruck gebracht, dass die Gesellschaft nur überleben kann, wenn sie zumindest auf einer langfristigen Partnerschaft beruht und sie sollte viel mehr vom sozialen Gabentausch haben als das, fasst DeLong zusammen.

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