Montag, 4. Oktober 2010

Deflation: Erfahrungen in der Vergangenheit

„Seit dem Beginn der Finanzkrise im Sommer 2007 hat sich die Kerninflation in den USA von über 2% auf rund 1% pro Jahr verringert. Wegen der ungewöhnlich niedrigen Rate befürchten einige Analysten einen nachhaltigen Rückgang des allgemeinen Preisniveaus: Deflation“, bemerkt Christopher Neely in einer kürzlich vorgelegten Analyse. Viele Menschen assozieren Deflation mit schwierigen wirtschaftlichen Zeiten des langsamen Wachstums und der hohen Arbeitslosigkeit wie in Japan seit den frühen 1990er Jahren und in den USA während der Grossen Depression. „Doch sind nicht alle deflationären Perioden sind mit schweren Zeiten verbunden“, argumentiert Neely. Zum Beispiel ist das Preisniveau in den USA von 1876 bis 1879 um fast 5% pro Jahr gefallen, während die durchschnittliche Produktion um 7,6% zulegte, erklärt der Ökonom.

Inflation und Output, Graph: Christopher Neely

Was verursacht Deflation? Die Zentralbanken können Einfluss auf die Geldmenge nehmen, um die durchschnittliche Inflationsrate über eine lange Zeit festzulegen, beschreibt Neely. Es gibt aber andere Faktoren, die auf die Inflation auswirken, wie z.B. technologische Verbesserungen, die dazu führen, dass die Produktionskosten sinken und/oder es zu Veränderungen in der Nachfrage nach Bargeld kommt. Die vertikalen Linien in der Abbildung (der Erste Weltkrieg ist ausgeschlossen) markieren die ungefähren Termine der Finanzkrisen in 1890, 1893, 1907 und Anfang der 1930er Jahre. Die Krisen führten zu Bankpleiten und einer reduzierten  Geldmenge, weil die Investoren Bargeld bevorzugten, indem sie Gelder aus den Bankkonten abhoben, erläutert Neely. Inflation, Output und die Geldmenge sind kurz nach jeder Krise gesunken. Die internationale Erfahrung ist dahingehend, dass Deflation mit schwachem Wirtschaftswachstum und hoher Arbeitslosigkeit verbunden ist.

Unerwartete Deflation kann die gleiche Art von Auswirkungen auslösen wie niedriger als erwartete Inflation, erklärt Neely. Unternehmen sähen sich veranlasst, höhere Reallöhne zu zahlen. Kreditnehmer müssten mehr zurückzahlen als beabsichtigt. Das führt dazu, dass Unternehmen mehr sparen und die Produktion und die Beschäftigung zurückgehen, hebt der Autor hervor. Erwartete Deflation kann jedoch durch den Realzins (d.h. Nominalzins minus Inflation) auf die Wirtschaft auswirken. Nominalzinsen können nicht negativ werden. Die realen Kosten der Kreditaufnahme würden zu nehmen, selbst wenn die Nominalzinsen gleich Null sind. Wenn z.B. die Preise um 2% pro Jahr fallen, müssten für die Kredite schätzungsweise 2% mehr zurückbezahlt werden. Verbraucher und Unternehmen würden aus diesem Grund sich zurückhalten, zu investieren, was eine Verringerung der wirtschaftlichen Aktivität zur Folge hätte.

Fazit: „Der jüngste Rückgang der Inflationsrate ist im historischen Vergleich bescheiden. Ein weiterer Rückgang ist aber für die Fed unerwünscht“, fasst Neely zusammen.

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