Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Gewicht der Schwellenländer in der Weltwirtschaft signifikant zunimmt. Die aufstrebenden Länder setzen den Wachstumskurs auch in der Nach-Finanzkrise-Phase fort. Die Relevanz ihres Stellenwertes in der globalen Wirtschaft wächst weiter, was sich in der Leadership-Verlagerung von G-7 zu G-20 deutlich widerspiegelt. Die Entwicklungsländer haben zwei Primärziele, welche zunehmend in einem Widerspruch zu einander stehen, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („The New Global Creditors and Instability“) in NYT : (1) grosse Bestände an US-Dollar halten und (2) die Strömung von Kapital aus dem Ausland abwehren. Die beiden Ziele laufen darauf hinaus, den kürzlich erreichten Status als kollektiven Netto-Gläubiger zu behalten, erklärt Johnson. „Leider trägt das zu einer ernsten Gefährdung der Weltwirtschaft bei, weil wir auf den nächsten Kreditzyklus zusteuern“, argumentiert der ehem. Chefökonom des IWF. Die Schwellenläner wollen Fremdwährungsreserven als Puffer gegen künftige Schocks halten. Sie geniessen den Status und die Macht, welche mit der Funktion eines Netto-Gläubigers verbunden sind, legt Johnson dar. Der Status des US-Dollars als die „Leitwährung“ bedeutet, dass private und öffentliche Investoren auf der ganzen Welt für „schlechte Tage“ Dollar halten.
Schwellenländer, Ratings, Graph: Morgan Stanley
Die Schwellenländer wollen eine Aufwertung ihrer Währungen nicht zulassen und sie signalisieren, dass ausländische Investoren mit einem differentialen Nachteil rechnen müssen, wenn es hart auf hart kommt, beschreibt Johnson. Die Schwellenländer intervenieren am Devisenmarkt, um ihren Wechselkurs relativ tief zu halten und versuchen, Leistungsbilanzüberschüsse zu erreichen, solange sie können, argumentiert der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor. Dieses Verhalten drückt die langfristigen Zinsen in den USA tiefer. Und „hier ist der Clou: Die sehr niedrigen Zinsen in den USA stehen für die Investoren, die Rendite suchen, im scharfen Kontrast zu der Situation in Brasilien, wo 11% Zinsen offeriert werden. Mit anderen Worten nimmt die globale Kreditmaschine in diesem Teil des Zyklus die Ersparnisse aus den Schwellenländern und leitet sie durch die USA und ackert sie am Rande zurück in die Schwellenländer. Dollars werden durch Interventionen der Zentralbanken aufgekauft und in die USA zurückgeschleust“, erläutert Johnson. Das Institute for International Finance (IIF) hat ihre Schätzungen für 2010 nach oben korrigiert. „Das ist genau die Art von Problematik (grenzüberschreitend und politisch), für die eine Struktur wie G-20 erforderlich ist, erklärt der Autor des Buches „13 Bankers“. G-20 wird aber aus drei Gründen gar nichts unternehmen: (I) Die Schwellenländer wollen sich auf diese Weise retten und sie denken, dass sie Konsequenzen ausweichen können, (II) Die USA müssen sich Geld leihen. Die Politiker weigern sich, auch nur von erster Ordnung über die Ursachen der letzten Katastrophe nachzudenken. Sie würden lieber einfach weiter Geld leihen, zumindest solange die Zinsen niedrig bleiben, und (III ) Die Banken mögen diesen Ansatz und ihre Einfluss nimmt in keiner Weise ab.
Fazit: Die tiefe Instabilität der globalen Finanzmarkt-Strukturen ist nicht die Schuld der Schwellenländer. Die Schuld liegt eindeutig bei den USA und Westeuropa, die konsequent versäumt haben, ihre globalen Megabanks in Schranken zu weisen. Das Argument, dass die Ersparnisschwemme („savings glut“) grösstenteil aus den Schwellenländern eine wichtige Antriebskraft der Krise 1008/09 gewesen ist, ist bestenfalls dürftig, fasst Johnson zusammen.
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