Montag, 11. Oktober 2010

Mythos um Staatsausgaben

Es ist überall die Rede davon, dass die Staatsausgaben, seit Obama im Amt ist, eine enorme Expansion erfahren. Aber die Arbeitslosenquote bleibe hoch. Das beweise, dass die Staatsausgaben keine Arbeitsplätze schaffen. Die ganze Geschichte ist ein Mythos, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne in NYT. Es fand nie eine Expansion der Staatsausgaben statt. In der Tat war es das Schlüsselproblem der Wirtschaftspolitik der Obama-Regierung. „Wir hatten nie die Art von fiskalischen Expansion gehabt, die Millionen von Arbeitsplätzen, die wir brauchen, geschaffen hätte“, bemerkt der Nobelpreisträger weiter. „Fragen Sie sich: Welche grossen neuen bundesstaatlichen Programme sind seit Obamas Amtsantritt gestartet worden? Die Gesundheitsreform ist zum grössten Teil noch nicht eingetreten. Gibt es riesige Infrastrukturprojekte? Nein. Gibt es riesige neue Sozialhilfen für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen oder die Armen? Nein. Wo sind aber all die Ausgaben, von denen die Rede ist? Das ist nie geschehen“, argumentiert Krugman.

Insbesondere verweist Krugman auf eine Tatsache, dass die Gesamtzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst unter Obama nicht gestiegen, sondern gefallen ist. Ein geringfügiger Anstieg wurde durch den drastischen Rückgang auf Länder- und lokaler Ebene überschwemmt, v.a. durch die Entlassung von Lehrer/innen. Die Gehalt- und Lohnliste des Staats wurde seit Januar 2009 um mehr als 350'000 Stellen gestrichen, erklärt Krugman. Direkte Beschäftigung ist kein perfektes Mass für die Grösse des Staates, da der Staat auch indirekt Arbeitnehmer beschäftigt, wenn er Waren und Dienstleistungen vom privaten Sektor kauft. Die staatlichen Käufe von Waren und Dienstleistungen sind zwar gestiegen, aber inflationsbereinigt beträgt der Anstieg nur 3% in den letzten zwei Jahren, d.h. ein Schritt langsamer als die der beiden Vorjahre und langsamer als die normale Wachstumsrate der Wirtschaft.

Die Tatsache, dass keine staatliche Expansion stattgefunden hat, wirft zwei Fragen auf: (1) Warum hat das Konjunkturpaket von 2009 nicht zu einem grossen Anstieg der Staatsausgaben geführt? (2) Wenn keine Expansion stattgefunden hat, warum denken alle, wie wenn es passiert wäre? Ein Teil der Antwort auf die erste Frage ist, dass die Konjunkturstimulierung nicht so gross war verglichen mit der Grösse der Wirtschaft. Darüber hinaus war das Konjunkturpaket („Recovery Act 2009“) nicht auf die Erhöhung der Staatsausgaben konzentriert. Mehr als 40% der Gesamtsumme von 600 Mrd. $ kamen aus Steuersenkungen. Ein anderer grosser Teil bestand aus Hilfe für Länder und Kommunen. Nur der Rest betraf die direkten Staatsausgaben, erläutert Krugman. Die Antwort auf die zweite Frage lautet, dass es eine Desinformationskampagne von rechts gegeben hat, bezogen auf die übliche Kombination von Behauptungen und gefälschten Zahlen, legt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor dar. Und diese Kampagne war wirksam, zum Teil, weil die Obama-Regierung keine wirksame Antwort darauf fand, so Krugman.

Fazit: Staatsausgaben zur Schaffung von Arbeitsplätzen sind fehlgeschlagen, nicht weil es nicht funktioniert, sondern weil es nicht versucht worden ist, fasst Krugman zusammen. Das heisst, dass die vermeintlichen Staatsausgaben gar nicht stattgefunden haben.

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