In den 1990er Jahren hat die Clinton-Administration grosse Erfahrungen bei der Bekämpfung von Finanzkrisen rund um die Welt gesammelt. Manch einer der Ratschläge, die das US-Finanzministerium erteilt hatte, waren umstritten. Aber der Ansatz war sinnvoll, schreibt Simon Johnson, der in einem lesenswerten Essay in NYT die Rettungsaktionen der US-Regierung vor zehn Jahren mit denen von heute vergleicht. Scheitert das Finanzsystem, muss es upfront geflickt werden. Weil es die beste Gelegenheit bietet, die grundsätzlichen Probleme anzugehen, erläutert Johnson. Zum Beispiel Banken, die übermässige Risiken eingehen. Zögert man mit Veränderungen, bis die Erholung beginnt, werden Banken und andere wichtige Spieler wieder mächtig und damit gegen Veränderungen widerstandsfähiger.
Obwohl Larry Summers in einer Rede von 2000 die Relevanz der frühzeitigen Markteingriffe im Falle von involventen Finanzinstituten unterstrich, fragt sich Johnson, warum das Team um Summers mit Tim Geithner und David Lipton das, was sie aus Erfahrungen in den 1990er Jahren gelernt haben, in den vergangenen 12 Monaten nicht in die Praxis umgesetzt hat. Die Gruppe habe sich früh und hart für Fiskal-Stimulus eingesetzt, was in den 1990er Jahren in der amerikanischen Wirtschaft dieselbe Rolle gespielt habe, so Johnson. Indem die Gruppe um Summers damals Joseph Stiglitz (damals Chefökonom bei der Weltbank) zugehört hat, habe sie vernüftige Lehren aus der Krise gezogen. Doch im Hinblick auf die Handhabung scheint der Summers-Geithner-Ansatz diesmal im Widerspruch zu den Handlungen und Ansichten vor einem Jahrzehnt zu stehen. In den 1990er Jahren waren die beiden Herren gegen bedingungslose Rettungsaktionen. „Ein gesundes Finanzsystem kann nicht auf den Erwartungen von Bailouts gebaut werden“, sagte Summers 2000 in einer Rede vor der American Economic Association. In den 1990er Jahren arbeiten die USA in enger Zusammenarbeit mit dem IWF, betonend, dass die Krisenländer ihre Finanzsysteme grundsätzlich umstrukturieren müssen. „In den USA von 2009 haben wir hingegen unsere grössten und in Schwierigkeiten geratenen Banken nicht nur am Leben erhalten, sondern zugleich auch zugelassen, dass sie grösser wurden, sowohl in absoluten Zahlen, als auch bezogen auf die Wirtschaft“, klagt Johnson. Im Jahr 2007 betrug die kombinierte Bilanzsumme der erwähnten Banken unter 60% des BIP. Im III. Quartal 2009 lag sie bei 63,5% der Wirtschaftsleistung. „Wir wissen nicht, warum die Regierung die grossen US-Banken angesichts der selbst verschuldeten Probleme so sanft behandelt hat“ schreibt Johnson weiter. Rick Wagoner, der Chef von GM musste gehen, aber die Regierung hat die Chefs von Grossbanken nicht zum Rücktritt gezwungen“, so Johnson. Vermutlich werde die Gruppe Summers-Geithner-Lipton jetzt argumentieren, dass der einzige Weg zur Wiederherstellung des Vertrauens im Gegensatz zu Rettungsaktioen von 1990er Jahren durch die Art der bedingungslosen und implizierten Staatsgarantien führe. Wenn das aber stimme, habe es schreckliche Auswirkungen, erklärt der ehem. Chefökonom beim IWF. Die Struktur unseres Finanzsystems hat sich keineswegs geändert, was die rücksichtslose Risikobereitschaft der Banken, die gross genug sind, erhebliche Schaden einzurichten, wenn sie scheitern, reduzieren würde, hebt Johnson hervor. Die Debatte über die Überholung der Rechtsvorschriften vor dem Kongress könnte nach wie vor die „TBTF“-Problematik angehen. Aber die schwere Lobbying-Arbeit resultiert darin, dass die Versuche, die Macht der Banken zu begrenzen, festfahren, schlussfolgert Johnson.
Das neue Buch von Simon Johnson & James Kwak: “13 Bankers”. The Wall Street Takeover and the Next Financial Meltdown. Pantheon, April 6, 2010.
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