Die US-Wirtschaft ist zwar im III. Quartal 2009 annualisiert um 2,2% gewachsen, aber die hohe Arbeitslosigkeit hält beharrlich an, wie die Zahlen des US-Arbeitsministerium vom Freitag belegen. Das Stichwort der Stunde lautet daher: „jobless recovery“. Droht der Wirtschaft erneut eine Erholung, ohne dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden so wie damals in Folge von Rezessionen in 1990/91 und 2001? Die Erwartungen sind falsch, schreiben Robert Barbera und Charles Weise in einem Essay in FT von heute, weil sie auf Misinterpertationen darüber beruhen, wie die Beschäftigung in den vergangenen zwei Jahren in Ohnmacht gefallen ist. Das Szenario von „jobless recovery“ beruht laut Autoren auf zwei Propositionen: (1) Die Krise hat die Wirtschaft derart geschädigt, dass die letztere nicht in der Lage ist, ein robustes Wachstum der Nachfrage zu erzeugen, (2) Viele Unternehmen haben auf die Krise mit einer dauerhaften Umstrukturierung ihrer Betriebe reagiert und damit unverruflich ihre Gehaltslisten reduziert.
Unternehmen haben Löhne viel drastischer gesenkt als sie es normalerweise in einer Rezession tun, erläutern Barbera und Weise. Als Folge stand der Arbeitsplatzabbau in keinem Verhältnis zum Rückgang der Wirtschaftsleistung (output). Und die Produktivität legte 2009 in einem eindrücklichen Tempo zu. Der optimistische Ausblick der beiden Ökonomen basiert auf einer anderen Theorie, warum die Jobs so aggressiv abgebaut worden sind. Aufgrund der Turbulenzen auf den Finanzmärkten im Herbst 2008 waren Unternehmen mit einem starken „Cash-Crunch“ konfrontiert. Als Folge versuchten sie, Bargeld zu horten, und zwar in jeder erdenklichen Weise. Sie haben Aufträge gestrichen, Vorräte in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit abgebaut und kurzfristige Kredite storniert. Und sie haben v.a. Mitarbeiter entlassen. Die drastische Reduzierung der Lagerbestände und der Löhnen war also nicht eine Folge von Umstrukturierung, sondern einer symptomatischen Panik. Dieselbe Panik habe auch den Ausverkauf auf den Aktien-, Unternehmensanleihen- und Hypothekenmärkten ausgelöst. Die sehr gute Nachricht für die USA und die Welt sei, dass es den politischen Entscheidungsträgern gelungen ist, den Ausverkauf von risikoreichen Anlagen zu verhindern. Wie sich die Finanzmärkte nun erholen, wird auch die Realwirtschaft (Lagerbestände und Löhne) wieder auf ein normales Niveau zurückkehren, erwarten die beiden Autoren. Es sei daher durchaus möglich, dass das reale BIP 2010 um 3,8% wächst und die Produktivität um 0,7% zulegt, mit einem moderaten Anstieg der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. In einer solchen Welt würde die Beschäftigung im Durchschnitt um 2,2% wachsen. Barbera, Chefökonom von ITG und Weise, Chairman und Professor am Gettysburg College raten Präsident Obama geduldig zu sein. Ein gemässiger Fiskal-Stimulus zugunsten von US-Staaten wäre hilfreich, einer weiteren Schwächung der Wirtschaft entgegenzuhalten. Die Trends verlaufen zum Vorteil der US-Regierung, behaupten die beiden Autoren am Schluss. Bemerkenswert ist aber, dass die Ökonomen ein "weiteres grosses" Konjunkturprogramm ablehnen.
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