Dienstag, 19. Januar 2010

Warum stockt Finanzmarkt-Reform?

Phil Angelides, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses (FCIC) nagelte während der Anhörung im US-Kongress vergangene Woche Llyod Blankfein, Goldman Sachs-Chef mit einem Metapher: „Die Wall Street verkauft in der Tat Autos mit defekten Bremsen und schliesst darauf eine Versicherung für die Käufer“. Blankfein antwortete darauf, dass er nicht denke, dass dieses Verhalten falsch sei. Peter Boone und Simon Johnson vergleichen in einem lesenswerten Essay in FT den gegenwärtigen Stand der Debatte um die Finanzreform mit den letzten Jahren des Niedergangs des Kommunismus. Sowjetische Bürokraten argumentierten damals vergeblich zugungsten von kleinen Gesetzesänderungen, um die Schlupflöcher für Spekulanten auf einen Schlag zu schliessen, in der Hoffnung, das unproduktive System mit unveränderten Anreizen zu behalten. Die USA, Grossbritannien und andere wichtige europäische Länder machen heute die gleichen Fehler. Anstatt die gefährlichen Mängel im Finanzsystem anzuerkennen, bieten politische Entscheidungsträger Verbände, welche im besten Fall eine andere, möglicherweise viel grössere Kernschmelze verschieben, halten Boone und Johnson fest.

Unser Finanzsystem führt einen „Doomsday“-Zyklus, schreiben die beiden Autoren. Scheitert es, setzen wir auf lockere Geld- und Fiskalpolitik, um es zu retten (bailout). Diese Reaktion lehrt die Finanzbranche eine einfache Lektion: Man müsse sich über Kosten keine Sorgen machen. Verspielt man sich gross, wird man belohnt. Denn die Kosten werden von (1) Steuerzahlern (fiscal bailout), (2) Sparern (Senkung der Zinsen auf Null) und (3) vielen Arbeitskräften (Verlust von Arbeitsplätzen) getragen. Das System stehe auf, um wieder zu spielen und dann wieder zu scheitern. Diese Zyklen haben sich seit den 1970er Jahren manifestiert und werden immer grösser, erklären die Wirtschaftswissenschaftler. Sie halten nicht viel von der geplanten Bank-Tax durch die Obama-Regierung. Die Logik dahinter sei äusserst mangelhaft. Warum sollten höhere Finanzierungskosten bedeuten, dass Banken weniger Gelder aufs Spiel setzen, wenn sie wissen, dass Tim Geithner darauf wartet, sie zu retten. Boone (London School of Economics) und Johnson (MIT’s Sloan School) plädieren (I) für eine deutliche Erhöhung der Kapitalanforderungen für Finanzinstitutionen mit Leverage, sodass Aktionäre die Hauptrolle spielen als Regulierer. Das bedeutet eine Verdreifachung der Eigenmittelanforderungen und eine Kernkapitalquote von mind. 20 bis 25%. (II) Beendigung der politischen Notwendigkeit, jede Finanzinstitution zu retten, die fehlschlägt. Auf diese Weise wird es einfacher, die Grösse der Banken zu beschränken, einschliesslich Goldman Sachs und Barclays, die gezwungen werden müssen, viel kleiner zu werden, so Boone und Johnson.

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