Sonntag, 31. Januar 2010

Rezessionen und Vertrauen

Der US-Wirtschaft und anderen entwickelten Volkswirtschaften dürfte ein langer Zeitraum träger und enttäuschender Wachstumsraten bevorstehen. Das ist eine weit verbreitete Sorge, wie jüngste Umfragen belegen. „Unter Studenten der Geschichte gibt es Befürchtungen, dass wir unter einer Art chronischen wirtschaftlichen Malaise wie nach dem Börsenkrach von 1929 oder Japan nach dem Platzen der doppelten Blase (Aktien und Immobilienmarkt) in den 1990er Jahren leiden werden“, berichtet Robert Shiller in einem Essay („Stuck in Neutral? Reset the Mood“) in NYT (Sonntagsausgabe). Die Post-Depression 1929 endete nicht vor einem Jahrzehnt. Auch Japan hat sich von Abschwung der 1990er Jahren noch nicht erholt, erinnert Shiller. Die Ängste sind ein integraler Teil des Problems, erklärt Wirtschaftsprofessor an der Yale University. Die Ökonomen nehmen an, dass jeder sich rational verhält. Aber der Post-Boom-Pessimismus ist ein Faktor, der auf die Wirtschaft auswirkt, und zwar so, dass diese Phase noch lange anhält, erläutert Shiller. In Wirklichkeit werden Rezessionen durch eine seltsame Mischung aus rationalem und irrationalem Verhalten verursacht.

Negative Feedbacks, in denen Pessimismus die Wirtschaftstätigkeit hemmt, sind schwer zu stoppen. Heute gewähren Banken keine neuen Kredite, was eindeutig mit einem Vertrauensverlust zusammenhängt. Als Gründe geben die Banken, warum sie keine Kredite vergeben, an: Eine reduzierte Risikobereitschaft, unsichere Konjunkturaussichten und eine Verschlechterung industrie-spezifischer Probleme. Wenn Banken kein Vertrauen haben, Kredite zu vergeben, dann können Unternehmen nicht gedeihen, erläutert Shiller. Und das mangelnde Vertrauen wird zu einer sich selbst erfüllenden Prohezeiung. Das war als ein grosses Problem während der Grossen Depression erkannt worden, hält Shiller fest. Heute nach dem Platzen der Spekulationsblase auf dem Wohnungsmarkt verlassen wir laut Shiller den irrationalen Überschwang, wenn viele Leute und Finanzinstitute ihre Zukunft wegen spekulativer Wetten, und nicht wegen eines echten wirtschaftlichen Beitrags aufs Spiel gesetzt haben. Die Spekulation ist eine gesunde kapitalistische Aktivität, aber sie verkommt zu einem Problem, wenn sie zu einer nationalen Bessesenheit wird, wie in der Boom-Phase vor der Krise zu beobachten war, erklärt Shiller. Die „Volcker-Regel“ betrachtet Shiller in diesem Zusammenhang als eine Reaktion der Enttäuschung auf die übermässige Spekulation. Die Lösungen für die Wirtschaft müssen daher nicht nur die strukturelle Instabilität der Finanzinstitute, sondern auch die Probleme in den Herzen und Köpfen der Arbeitnehmer und der Investoren angehen. Es sind Probleme, die ansonsten möglicherweise mehrere Jahre anhalten dürften, schlussfolgert Shiller.

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