Christina Romer teilt in einem offenen Brief („Dear Ben: It’s Time for Your Volcker Moment“) in NYT an Fed-Vorsitzenden Ben Bernanke mit, dass „wir mehr aggressive Massnahmen, einschliesslich eine nominale BIP-Steuerung brauchen, um der Wirtschaft zur Heilung zu helfen“.
Im Oktober 1979 lag die Inflation auf mehr als 10% im Jahr und die schrittweise Anhebung der Zinssätze durch die Fed haben das Problem nicht gelösen können. So hat Paul Volcker, der Vorsitzende der Fed die Umsetzung der Geldpolitik dramatisch verändert. Heute erfordert eine ebenso hartnäckige Krise der Arbeitslosigkeit, dass Ben Bernanke seine eigene stille Revolution in Szene setzt, schreibt die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin.
Was hat Mr. Volcker getan? Er argumentierte, dass die Inflation, weil sie vom Wachstum der Geldmenge abhänge, fallen würde, wenn er das Wachstum der Geldmenge drosseln würde. Und er glaubte, dass er durch die Sicherstellung seiner Verpflichtung zur Senkung der Inflation mit einem neuen geldpolitischen Rahmen die Inflationserwartungen der Menschen brechen würde. So hat die Fed begonnen, ein ausdrückliches Geldmengen-Wachstum anzusteuern.
Das Erreichen dieses Ziels verlangte einen entsprechenden Anstieg der Zinsen auf ein beispielloses Niveau. Die Arbeitslosigkeit kletterte über 10% und Volcker wurde an den Pranger gestellt. An dieser Stelle blockierten Bauer auf Traktoren den Hauptsitz der Fed, um gegen hohe Preise zu prostestieren, erzählt Romer.
Aber die Politik hat funktioniert. Die Inflation ist von 11% im Jahre 1979 auf 3% im Jahre 1983 gesunken. Und die Arbeitslosigkeit ist auf ein normales Niveau zurückgekehrt. Selbst Romers Vater, der damals seinen Job als chemischer Betriebsleiter während der Rezession von 1981 verloren habe, betrachte Volcker als Helden. Seine mutige Schritte haben eine Ära der niedrigen Inflation und stabilen Wirtschaftswachstum eingeleitet, legt die ehemalige Vorsitzende des wirtschaftlichen Beratungsausschuses des US-Präsidenten Obama.
Heute ist die Inflation noch niedrig. Aber die Arbeitslosigkeit steckt in einem schmerzlich hohen Niveau. Und die Methoden, die die Fed wie 1979 bisher verwendete, helfen nicht, das Problem zu lösen. Bernanke muss eine neue Seite aus dem Textbuch Volckers stehlen. Um das Problem der Arbeitslosigkeit mit Nachdruck zu bekämpfen, braucht Bernanke einen neuen geldpolitischen Rahmen. In diesem Fall, beginnend mit der nominellen BIP Steuerung, schildert Romer.
Das nominelle BIP ist nur ein technischer Begriff für den Dollar-Wert von allem, was hergestellt wird. Es ist die Gesamtleistung (reales BIP) mal die aktuellen Preise, die gezahlt werden. Die Annahme dieses Ziels würde bedeuten, dass die Fed eine Verpflichtung eingeht, das nominelle BIP auf einem vernünftigten Weg zu halten. Genauer gesagt ist das normale Produktionswachstum rund 2 ½% pro Jahr und die Fed glaubt, dass eine Inflation von 2% angemessen ist. So wäre ein nominelles BIP-Wachstum von rund 4 ½% vernünftig.
Es würde wie folgt funktionieren: die Fed würde in einem normalen Jahr wie z.B. 2007 beginnen und dass das BIP, sagen wir, von jetzt an jährlich 4 ½% wachsen soll. Die Fed müsste an dieser Wachstumsrate festhalten. Wegen der Rezession und der aussergewöhnlich niedrigen Inflation in den Jahren 2009 und 2010 liegt das nominale BIP heute rund 10% unter dem Pfad. Die Verpflichtung zur Annahme einer nominellen BIP-Steuerung (nominal GDP targeting) würde die Lücke schliessen.
Wie würde dies dazu beitragen, die Wirtschaft zu heilen? Es wäre laut Romer ein leistungsfähiges Kommunikationswerkzeug. Die Fed würde mit dem Versprechen, das BIP-Wachstum auf den Vor-Krisen-Pfad zurückzubringen, das Vertrauen und die Erwartungen in Bezug auf das künftige Wachstum verbessern.
Solche Erwartungen könnten die Ausgaben und das Wachstum heute erhöhen. Verbraucher wären weniger zögerlich, Geld auszugeben. Und Unternehmen würden investieren, weil sie mit einem Anstieg der Umsätze rechnen würden.
Ein weiterer möglicher Effekt wäre ein temporärer Anstieg der Inflationserwartungen. Normalerweise wäre dies nicht wünschenswert. Aber in der jetzigen Situation, wo die nominalen Zinssätze nicht unter Null gehen können, könnte eine geringe Zunahme der Inflationserwartungen hilfreich sein. Dies würde die realen Kreditkosten senken und die Ausgaben für grössere Anschaffungen wie für Autors, Häuser und Geschäftsausstattungen ermutigen.
Die Fed würde dabei ihre Glaubwürdigkeit als Hüterin der Preisstabilität nicht verlieren, weil sie, sobald die Wirtschaft auf den Zielpfad zurückkehrt, die Inflation bändigen würde.
Die Bekanntgabe einer nominellen BIP-Steuerung würde helfen, aber wahrscheinlich nicht ausreichen, um die Lücke in absehbarer Zeit zu schliessen. Die Fed müsste zusätzliche Massnahmen ergreifen. Dies könnte weitere mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) einschliessen, erklärt Romer. Auch ein schwacher Dollar-Wechselkurs würde die Ausfuhren ankurbeln, fügt die Ökonomin hinzu.
Würde eine nominelle BIP-Steuerung heute funktionieren? Es würden sich wahrscheinlich unerwartete Entwicklungen ergeben, so wie in der Volcker-Periode. Aber das neue Ziel hätte eine bessere Chance, die Arbeitslosigkeit sinnvoll zu reduzieren als jede andere Geldpolitik in der Diskussion, fasst Romer zusammen.
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