Montag, 10. Oktober 2011

Finanz-Romantik

Einige Kommentatoren stellen die Behauptung auf, dass laissez-fair economics der wahre Weg im Umgang mit Wall Street ist. Das heisst, keine Bailouts (keine Rettungsaktionen)! „Aus dieser Sicht sollen die Politiker auf eine Copy von Atlas Shrugged (Atlas wirft die Welt ab) legen und im Namen von A schwören, dass sie nie wieder scheiternde Banken retten. Und alles wird gut auf der Welt“, legt Paul Krugman in seinem Blog dar.

„Sorry, aber das ist eine Fantasie“, fügt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor hinzu.

Zunächst einmal ist die Regulierung der Banken auch in Abwesenheit von Rettungsaktionen wichtig. Vertrauen Sie nicht Krugman, sondern Adam Smith. Schottland hat das moderne Bankwesen, aber auch moderne Bankenkrisen erfunden. Und Adam Smith hat als Zeuge einer solchen Krise Regulierung der Banken befürwortet, indem er erklärte, dass

“Such regulations may, no doubt, be considered as in some respect a violation of natural liberty. But those exertions of the natural liberty of a few individuals, which might endanger the security of the whole society, are, and ought to be, restrained by the laws of all governments; of the most free, as well as or the most despotical. The obligation of building party walls, in order to prevent the communication of fire, is a violation of natural liberty, exactly of the same kind with the regulations of the banking trade which are here proposed”.


Zweitens gibt es laut Krugman in der Tat sehr gute Gründe, zu intervenieren, um die Banken während einer Finanzkrise zu unterstützen. Bagehot hat es gewusst. Diamond und Dybvig haben es theoretisch gezeigt. Und es bleibt wahr. Es ist gefährlich, zuzulassen, dass eine Finanzkrise sich weiter verbreitet, hält Krugman fest.

Drittens ist es ein Fakt, auch wenn man sich selbst davon überzeugt, dass die durch die Rettungsmassnahmen ausgelöste Moral Hazard die Vorteile der Vermeidung einer stufenförmig erfolgenden Finanzkrise à la 1931 überwiegt, dass die Politiker intervenieren werden. Hank Paulson hat mit Lehman ein Zeichen gesetzt. Zwei Tage später hat er in den Abgrund gestarrt, schildert Krugman.

Die einzig mögliche Strategie sind Garantien und ein finanzielles Sicherheitsnetz und Regulierung, um den Missbrauch von Garantien zu begrenzen. Es ist unvollkommen und es ist der ständigen Bedrohung durch „regulative Vereinnahmung“ (regulatory capture) ausgesetzt. Aber es hat in der Vergangenheit funktioniert. Und es ist die einzige Möglichkeit, fasst Krugman zusammen.

PS:

regulatory capture“ findet statt, wenn eine öffentlichrechtlich geschaffene Regulierungsbehörde, die im öffentlichen Interessen handeln sollte, stattdessen spezielle Interessen, die einer bestimmter Branche dienen, vertritt. Es handelt sich um eine Beschreibung der Gefahr der Beeinflussung der Aufsichtsbehörde durch einen spezifischen Sektor,wenn also die Regulierten die Regulierer vereinnahmen.

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