Donnerstag, 20. Oktober 2011

Warum Occupy Wall Street zu verstehen ist

Wer die erleidende Natur der Occupy Wall Street-Bewegung und ähnlicher Proteste im ganzen Land verstehen will, braucht nur einen Blick auf die ersten offiziellen Daten von Gehaltschecks 2010 zu werfen. Die Zahlen aus Lohnsteuern, die den Social Security-Behörden für Arbeitsplätze und Entlohnung berichtet wurden, sind mit einem Wort schrecklich, bemerkt David Cay Johnston (via Mark Thoma) in einem lesenswerten Beitrag („First look at US pay data, it’s awful“) in Reuters.

Das sind wichtige und mächtige Zahlen. Es gab weniger Jobs und weniger Löhne im Vergleich zum Vorjahr, abgesehen von der Spitze, wo die Anzahl der Menschen, die mehr als 1 Mio. $ machen, im Vergleich zum Jahr 2009 um 20% gestiegen ist.

Der Median-Lohn (d.h. die Hälfte davon ist mehr und die Hälfte weniger) ist 2010 erneut gesunken, und zwar um 1,2% auf 26‘364$. Das bedeutet 507$ pro Woche, was dem niedrigsten Niveau (um die Inflation bereinigt) seit 1999 entspricht.


US-Arbeitsmarkt: Weniger Arbeitsplätze, weniger Entlohnung, Graph: David Cay Johnston, in: Reuters

Die Anzahl der Amerikaner mit irgendeiner Beschäftigung fiel im vergangenen Jahr weiter, um mehr als eine halbe Million aus dem Jahr 2009 auf weniger als 150,4 Millionen.

Noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass rund 10 Mio. Arbeitnehmer im Jahr 2010 nicht einmal eine Stunde bezahlte Arbeit gefunden haben.

Was die Zahlen besagen, ist, dass es einen Grund gab, dass die Wähler im Herbst 2010 auf das Versprechen der Republikaner, sich auf die Jobs zu kümmern, wenn sie das Sagen im Kongress hätten, reagiert haben, legt Johnston dar.

Aber während die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus erreichten, wurde das Versprechen ignoriert. Anstelle von Arbeitsplätzen hat sich das Augenmerk auf dem Capitol Hill nach Steuersenkungen für Unternehmen mit unversteuerten Gewinnen im Ausland gerichtet. Und die Bush-Steuerenkungen für diejenigen, die 1 Mio. $ oder mehr verdienen, wurden verlängert. Die Staatsausgaben wurden gekürzt, was kurzfristig zur Vernichtung von mehr Arbeitsplätzen geführt hat, bekräftigt Johnston.

Die Daten zeigen, warum Proteste wie Occupy Wall Street im ganzen Land so schnell an Schwung gewonnen haben. Wird Washington auf die Zahlen blicken und den Kurs ändern? Oder müssen die Wähler ihre gewählten Vertreter wechseln, wenn sie Amerika zurück auf den Pfad des weit verbreiteten Wohlstands bringen wollen?

Am Schluss deutet Mark Thoma in seinem Blog auf einen aktuellen Artikel („Pay Raises Trail Behind Even Mild Inflation“) im WSJ hin, wo über die Reallöhne berichtet wird, die im September im Vergleich zu August um 0,1% gesunken sind, trotz der Tatsache, dass die Produktivität der Arbeitnehmer seither um mehr als um 5% gestiegen ist.

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