Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Freitagskolumne („Rabbit-Hole Economics") in NYT mit der Debatte der Republikanischen Partei über die Wirtschaft. Der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor beschreibt den Inhalt der Niederschrift der Debatte wie die unterirdische Fantasiewelt, in die Alice im Wunderland durch das Kaninchenloch fällt: „Nichts sieht so aus oder verhält sich wie im wirklichen Leben“.
Und da die Wirtschaftspolitik mit der Welt, in der wir leben, und nicht mit der Fantasiewelt, in der die GOP lebt, umgehen muss, ist die Aussicht, dass einer dieser Personen der nächste US-Präsident werden dürfte, ist erschreckend, beschreibt Krugman.
In der realen Welt waren die jüngsten Ereignisse eine verheerende Widerlegung der marktwirtschaftlichen Orthodoxie, die die amerikanische Politik in den letzten drei Jahrzehnten regiert hat. Vor allem der lange Kreuzzug gegen die Regulierung des Finanzwesens.
Aber nichts davon ist im Kaninchenloch passiert. Wir haben uns nicht in einer Krise befunden, wegen ausser Kontrolle geratenden privaten Kreditgebern wie Countrywide Financial. Wir haben uns nicht in einer Krise befunden, weil Wall Street angegeben hat, dass in Scheiben Zerlegen, in Würfeln Zerschneiden und Wiederverpacken von notleidenden Krediten irgendwie Vermögenswerte mit der AAA-Bonität schaffen würde. Und die Ratingagenturen spielten mit.
Wir haben uns nicht in einer Krise befunden, weil Schatten Banken wie Lehman Brothers die Lücken in Finanzaufsicht ausgenutzt haben, mit bankähnlichen Gestalten das Finanzsystem zu bedrohen, ohne der Gegenstand von Einschränkungen der Risikobereitschaft für bankähnliche Gestalten zu werden.
Nein, in dem Universum der Republikanischen Partei befinden wir uns in einer Krise, weil der Abgeordnete Barney Frank hilflose Banker gezwungen hat, an unwürdige Armen Darlehen zu gewähren: Der Staat hat das ganze Problem geschaffen. Was man wissen muss, ist, dass diese Orthodoxie ausgehärtet ist, sogar als vermeintlicher Beweis für den Staat als grosser Bösewicht, der in der Krise diskreditiert wurde, beschreibt Krugman.
Die Grosse Rezession (Great Recession) hätte ein riesiger Weckruf sein sollen. Nichts dergleichen wäre in einer modernen Welt möglich gewesen. Jeder soll sich laut Krugman, einschliesslich des Autors selbst, mit Gewissenserforschung befassen, sich fragend, wie viel von dem, was er oder sie als wahr dachte, eigentlich nicht wahr ist.
Aber die GOP hat auf die Krise nicht mit dem Überdenken ihres Glaubensatzes reagiert, sondern mit der Annahme einer noch gröberen Version dieses Glaubensatzes. Und sie wurde zu einer Karikatur ihrer selbst, legt Krugman dar. Während der Debatte spielten die Gastgeber einen Clip von Ronald Reagan ab, wo der 40. Präsident der USA eine Erhöhung der Einnahmen fordert. Heute würde kein Politiker in Reagans Partie es wagen, so etwas zu sagen.
Es ist eine schreckliche Sache, wenn ein Individuum seine Bodenhaftigkeit verliert. Aber es ist viel schlimmer, wenn die gleiche Sache einer ganzen politischen Partei widerfährt, einer Partei, die bereits die Macht hat, alles, was der Präsident vorschlägt, abzublocken, und die bald die gesamte Regierung übernehmen könnte, fasst Krugman bedauernd zusammen.
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