Donnerstag, 6. Oktober 2011

Trichet hinterlässt Stagnation und Deflation

Die EZB hat auf ihrer Sitzung in Berlin den Leitzins für den Euroraum unverändert auf 1,5% belassen.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, der heute die monatliche Sitzung des EZB-Rats zum letzten Mal leitet, hält also daran fest, dass die EZB die bisherige Politik Gunsten der Kernländer und zu Lasten der Peripherieländer der Eurozone fortsetzt.

Der DAX ist nach der Bekanntgabe des EZB-Beschlusses wie ein Stein gefallen.

Trichet hat die Finanzkrise von 2008 nicht nur kommen sehen, sondern die Situation danach wegen seiner Paranoia über Inflation deutlich verschlechtert. Die EZB hat am Vorabend der Finankrise im Juli 2008 die Zinsen trotz zahlreicher Signale erhöht. Trichet hat damit die Kreditkosten verteuert und das Wirtschaftswachstum verlangsamt.

Die EZB hat darüber hinaus die Eurokrise als Staatsschuldenkrise betrachtet, obwohl es sich dabei um eine Folge der Finanzkrise handelt, und eine Folge der Rettungskosten für die Banken. Trichet hat dann die Zinsen 2011 weiter erhöht (im April und im Juli) und der EU-Peripherie rigorose Sparmassnahmen (fiscal austerity) verordnet.


DAX (Tagesverlauf), Graph: swissquote.ch

Woher soll aber das Wachstum kommen, wenn die Verbraucher damit beschäftigt sind, ihre Schulden abzubauen (deleveraging), und die Unternehmen sich mit Investitionen zurückhalten? Wie soll die mangelnde Nachfrage wiederbelebt werden, wenn auch die Staaten die Gürtel enger schnallen sollen?

Bemerkenswert ist, dass die EZB unter Trichet jeden Dialog über die Makroökonomie mit dem Hinweis auf ihre Unabhängigkeit strikt abgelehnt hat.

David Blanchflower, das ehemalige Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der britischen Notenbank (BoE) hat heute den EZB-Beschluss, die Zinsen nicht zu senken, in einem live-Interview mit dem Bloomberg TV zu Recht als „wahnsinnig“ bezeichnet.

Im Übrigen hat die BoE heute mittag angekündigt, eine neue Runde von Staatsanleihenkäufen einzuläuten. Die Hardliner im EZB-Rat sind bekanntlich inbrünstig dagegen, dass die EZB als lender of last resort agiert.

Das Vermächtnis von Trichet für die EU-Zone sind Stagnation und Deflation.

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