Warum ist es so schwer, die Wall Street zu regulieren? Vor genau einem Jahr ging Lehman Brothers pleite. Merrill Lynch wurde verkauft. Die AIG ist mit staatlicher Hilfe gerettet worden. Im Zuge der Finanzkrise haben der Kongress und die Regulierungsbehörden versprochen, der lasterhaftigen Risikobereitschaft an der Wall Street ein Ende zu setzen. Doch im Rückblick lässt sich heute kaum eine Veränderung in den Strukturen der Finanzinstitute und Verhaltensweise der Bankmanager, die zu der Katastrophe geführt haben, feststellen. Die Bemühungen zur Risikobegrenzung und die Reformvorschläge zur Vergütung von Führungskräften scheinen indes zum Stillstand gekommen zu sein. Die New York Times befragt in diesem Zusammenhang sechs Experten, warum die die Finanzbranche immer besser in der Lage ist als die anderen Branchen, Reformen der Regierungen zu blockieren?
Die Wall Street ist schwer zu regulieren, weil wir zugelassen haben, dass sie sich auf diese Weise entwickelt, schreibt Yves Smith. Kredit ist jenseits des Tauschhandels unabdingbar für die Wirtschaft. Der Umfang des Handels wurde grösser und immer enger verknüpft. Bankpleiten, die einst bloss eine lokale Angelegenheit waren, führen heute zu einer weit verbreiteten Panik und richten einen erheblichen Schaden an. Als Folge haben Regierungen begonnen, nicht nur mehr Sicherheitsnetze für Banken zu spannen, sondern auch diese zu überwachen sowie ihren Aktivitäten Grenzen zu setzen. Seit den 19080er Jahren habe sich aber die Kreditvergabe laut Smith von den Banken in den Kapitalmarkt verlagert. Es sei nun ziemlich schwer, jemanden zu regulieren, der einem ein Messer an die Kehle ansetzt, bemerkt Smith vom Blog „Naked Capitalism“. Dazu kommt die Tatsache, dass den grossen Finanzaktueren gestattet wurde, eine Vielzahl von komplexen Produkten zu kreieren, wie die massgeschneiderten Derivate und CDOs, welche häufig eingesetzt werden, um die Vorschriften zu umgehen und die Risiken auf ahnunglose Drittparteien aufzubürden. Die Regulierung des Finanzmarktes sei in den USA immer geheimnisvoll, komplex und fest gegen Veränderungen gewesen, kommentiert Jeffry Frieden in einem weiteren Essay. Es gebe mehrere Gründe: Die Finanzmarkt-Regulierung sei ausserordentlich politisch und mit mächtigen Interessen konfrontiert. William K. Black schreibt, dass es keine ehrliche Prüfung der Krise gibt, weil es CEOs und Politiker in Verlegenheit bringen würde. Stattdessen drängen das Finanzministerium und die Fed uns, die Krise nicht zu untersuchen und zu glauben, dass alles bald gut werden wird, so Prof. Black von der Universität Missouri, Kansas City. Es habe keine rechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführer von nonprime Kreditgebern gegeben, welche die Epidemie der betrügerischen Immobilienfinanzierung aufdecken würden, die die Krise angetrieben haben. Es habe m.a.W. keine Rechenschaftspflicht gegeben, so Black. Die Regulierung der Wall Street ist schwierig geworden zum Teil wegen der „Kaperung der Regulierung“. Die Meinung vertritt Edward Harrison von Global Macro Advisors. Regulatoren, Regierungsbeamte, Finanz- und Wirtschaftsexperten, Führungskräfte und Ökonomen glauben in einer extremen Form der Deregulierung, dass der Kapitalismus sonst nicht funktioniert. Darüber hinaus habe die Geldpolitik durch die Bereitstellung von Liquidität die Krisen verstärkt. Liquidität wurde bereitgestellt, um das Platzen der Blase zu verhindern. Aber Liquidität wurde nicht ausreichend abgeschöpft, um das Entstehen einer Blase zu verhindern, so Harrison. Die Asymmetrie veranlasse die Wall Street, mehr Risiken einzugehen.
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