Ist
das Target2-Zahlungssystem „toxisch“ für die deutsche Bevölkerung? Ergeben sich
daraus nicht quantifizierbare Risiken?
Nicht unmittelbar, schreibt Willem
Buiter, Citigroup (h/t to FTAlphaville) mit Ebrahim Rahbari in einer kürzlich vorgelegten Forschungsarbeit („Target2 Redux“).
Die
Schlussfolgerung des Papers ist, dass es um die Bundesbank, selbst im Fall
einer katastrophalen Kernschmelze der Eurozone nicht schlecht bestellt wäre, zumindest
buchhaltungstechnisch, weil sie am Schluss als de facto Eigentümerin der EZB dastehen würde. Die deutsche
Bevölkerung würde sich dabei wahrscheinlich nicht wohl fühlen, da die
Vermögenswerte (intern und extern) davon tangiert würden. Das hat aber mit dem
Target2-System nichts zu tun, erklären die Autoren.
Die
Studie zeigt, dass Target2-Forderungen eine ungeignete Messgrösse dafür sind, um das Verlust-Exposure
der Bundesbank auszumachen, und noch mehr Deutschlands Verlust gegenüber dem
Rest der Eurozone aufzuspüren.
Das
gilt auch dann, wenn die Eurozone auseinanderbricht, was zur Folge hätte, dass
Deutschland als das einzige Mitglied der Eurozone zurückbliebe und die
Bundesbank die EZB besässe, unterstreichen Buiter und Rahbari. In diesem
nicht-plausiblen Szenario hat die Diskrepanz zwischen Target2-Forderungen der
Bundesbank und dem wahrscheinlichen Verlust-Exposure zwei Hauptquellen:
Target2-Forderungen
im Eurosystem, Graph: Willem Buiter
& Ebrahim Rahbari in: „The simple
accountancy and slightly more complex economics of Bundesbank loss exposure
through the Eurosystem“, Nov. 2012
(1) Wenn die 16 nationalen Zentralbanken
(NCBs) das Euro-System verlassen würden, würden die entsprechenden Staaten ihre
Target2-Schulden nicht automatisch loswerden. Rechtlich gesehen werden die
Target2-Forderungen im Fall eines Austritts aus dem Euro-System nicht
ausgelöscht.
Politisch und realistisch gesehen wären viele der NCBs in der Lage
und bereit, ihren Verpflichtungen im Target2-System nachzukommen, teilweise
oder sogar vollständig.
(2) In
einem umfassenden Szenario der Auseinanderbrechung würden die Seigniorage-Einnahmen
der Bundesbank danach kräftig steigen, wobei die Bundesbank einen grössen
Anteil an der EZB besitzen würde.
Bemerkung:
Warum Target2-Forderungen keine Kredite sind, erläutert Olaf Storbeck anschaulich und überzeugend. Unbedingt lesenswert.
4 Kommentare:
Was es uns bringen würde letztlich Eigentümer der EZB zu sein, erschließt sich mir noch nicht so ganz. Denn schließlich würde ja niemand mehr Euros nachfragen, wenn die nationalen Währungen wieder eingeführt werden würden. Ich gehe allerdings auch nicht davon aus, dass die Target 2 Forderungen bei einem Zusammenbruch der Eurozone wertlos wären, denn sie haben sehr offensichtlich den Charakter einer Schuld, der letztlich auch auf den jeweiligen Staat übergehen müsste.
Interessant ist allerdings auch die Frage, wie hoch die Seignorageerträge der Bundesbank wohl sein würden im Falle eines Eurozusammenbruchs:
http://makrointelligenz.blogspot.de/2012/11/wie-viel-ist-die-zentralbank-wirklich.html
@Makrointelligenz:
Prof. Willem Buiter schätzt die Seigniorage-Gewinn der EZB auf rund 2‘000 Mrd. Euro. Siehe in diesem Blog hier
2'000 Mrd. Euro bis 6'900 Mrd. Euro....
ja, aber diese Seignoragegewinn beruht auf der Tatsache, dass der Euro ein anerkanntes Zahlungsmittel in ganz Europa ist, was er im Fall der Wiedereinführung nationaler Währungen dann nicht mehr wäre. Die Seignoragegewinne der Bundesbank im Fall der Wiedereinführung der DM wären aber wahrscheinlich höher als der derzeitige Gewinnanteil im EZB-System.
Kommentar veröffentlichen