Sonntag, 25. November 2012

Ein unglaubwürdiges Argument für Glaubwürdigkeit


Niemand streitet es ab: Hätte Griechenland eine eigene Währung gehabt, hätte es eine massive Abwertung erfahren. Damit würde die Nachfrage nach Gütern im Inland erhöht und die Last der harschen Austerität etwas abgemildert. Der schmerzhafte und lang anhaltende Weg über internal devaluation („interne Abwertung“) wäre erspart gewesen.

Es gibt auf der anderen Seite eine bemerkenswerte Mischung aus Gegensatz und Ähnlichkeit zwischen den politischen Debatten in Grossbritannien und den Vereinigten Staaten. Wie Paul Krugman in seinem Blog darauf aufmerksam macht, verfügt jedes Land über seine eigene Währung und die Verschuldung beläuft sich auch auf die nationale Währung. Die Zinsen liegen in der Nähe von Rekordtief.

Die Very Serious People (VSP) erzählen jedoch sehr unterschiedliche Geschichten. In den USA sind die Finanzierungskosten des Staates angeblich trotz des hohen Haushaltsdefizits niedrig, weshalb die Empfehlungen von Bowles-Simpson sofort umgesetzt werden müssen, weil sonst die Bond Vigilantes angreifen. Ja, dieses mal werde es tatsächlich zu einer Attacke kommen.

In Grossbritannien hingegen lautet die offizielle Lesart, dass die Zinsen niedrig sind, weil die Austeritätspolitik funktioniert. Wenn aber gut informierte Menschen darauf hinweisen, dass die kurzfristigen Zinsen deswegen niedrig sind, weil die Investoren eine schwache Wirtschaft in Zukunft erwarten, reagieren die VSP verärgert und beleidigend.


Zinsen im Vergleich: Die USA und Grossbritannien, Graph: Prof. Paul Krugman

Es ist aus Sicht von Krugman sehr schwer, mit einem Grund aufzukommen, warum die USA oder Grossbritannien Zahlungsunfähigkeit melden müsten, da sie ja einfach Geld drucken könnten, wenn sie Bargeld benötigen. Und im Angesicht des fehlenden Ausfallrisikos (default risk) müssten die langfristigen Zinsen mehr oder weniger dem Durchschnitt der erwarteten künftigen kurzfristigen Zinsen entsprechen. Nicht genau, wegen des Laufzeitrisikos (maturity risk), aber es ist ein ziemlich kleines Detail.

Wenn man also damit rechnet, dass die amerikanische und die britische Wirtschaft für eine lange Zeit angeschlagen bleiben, während die Zentralbank die niedrigen Zinsen beibehält, werden auch die langfristigen Zinsen niedrig verlaufen. Ende der Geschichte.

Würde aber das Gelddrucken (money printing) keine Inflation auslösen? Nicht, solange die Wirtschaft depressiv bleibt, erklärt Krugman. Haushaltsdefizite können dazu führen, dass die Menschen eine höhere Inflation in Zukunft erwarten, sobald die Rezession zu Ende geht. Das wäre keine schlechte Sache für die Wirtschaft auf kurze Sicht, weil es die Menschen veranlassen würde, nicht mehr auf Cash zu sitzen. Und der Wechselkurs würde sich abschwächen, was die Wettbewerbsfähigkeit der Export-Wirtschaft erhöhen würde.

Fazit: Das ganze Argument im Hinblick auf die „Glaubwürdigkeit“ ist inkohärent.

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