Für
einige Ökonomen scheint es sehr seltsam. Die Eurozone steckt in einer Rezession
und niemand tut etwas dagegen. Die EZB behält Zinsen bei 0,75% und es gibt
keinen Plan für mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing).
Es
ist angebracht, auf mögliche Faktoren zu spekulieren. Aber es gibt eine
offensichtliche Antwort, bemerkt Simon
Wren-Lewis in seinem Blog. Die Verbraucherpreis-Inflation (CPI) bleibt voraussichtlich nahe 2%
in diesem Jahr und in den nächsten in der Eurozone als Ganzes. Während
Inflation nicht in Sicht ist, was ist zu tun?
Es
gibt starke Gründe, zu sagen, wie jeder, der Wirtschaft studiert hat, dass die
Geldpolitik nicht nur mit der gegenwärtigen Inflation zu tun hat. Aber es geht
auch darum, die Produktionslücke (output gap) zu schliessen. Nach Schätzungen
der OECD beläuft sich die Produktionslücke in der Eurozone auf -3,5% und -4,0% für 2012 und 2013.
Doch scheinen die geldpolitischen Behörden sowohl in Grossbritannien als
auch im Euro Raum nur auf die Inflation zu blicken. Die Lehrbücher müssten
umgeschrieben werden, legt der an der Oxford
University lehrende Wirtschaftsprofessor dar.
Aber
auf welche Messgrösse für die Inflation soll man sich konzentrieren? Die
Standard-Antwort ist die Verbraucherpreise. Aber es gibt nichts in der
Wirtschaftstheorie, was darauf hindeutet, dass es die einzige Messgrösse für
die Inflation ist. Ein besserer Indikator ist der BIP-Deflator, d.h. Output-Preise. Die Output-Preis-Inflation ist in
diesem und dem nächsten Jahr deutlich unter 2%. Auch Lohn-Inflation bleibt
voraussichtlich unter 2,0%.
Inflation-Prognosen
für Euro-Raum, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis
Ein
Hauptgrund, warum CPI Inflation höher liegt als alle anderen Messgrössen sind
die Rohstoffpreise. Natürlich ist die Rohstoffpreise Inflation weitgehend
ausserhalb der Kontrolle der EZB. Aber, was die EZB effektiv tut, ist, indem
sie sich auf die CPI konzentriert, zu sagen, dass
Nicht-Rohstoffpreise-Inflation unter 2% liegen muss, um den Anstieg der
Rohstoffpreise auszugleichen, argumentiert Wren-Lewis.
Es gibt aber keinen
offensichtlichen theoretischen Grund dafür, warum es eine sinnvolle Sache ist, dies
zu tun oder zu versuchen, zu tun. In einigen Eurozone-Ländern ist die
CPI-Inflation hoch, wegen der Mehrwertsteuer-Erhöhung, was aus Sicht der
Geldpolitik wenig Sinn macht, darauf zu reagieren.
Die
EZB ignoriert also nicht nur die Produktionslücke (output gap), sondern auch jede andere Inflation-Messgrösse ausser
CPI. Ist es nur eine fatale Folge der öffentlichen Aufmerksamkeit für diese
Messgrösse der Inflation? Oder was wäre, wenn die Inflation gemäss CPI 2% betragen
würde und alle anderen Messgrössen deutlich darüber lägen und es eine grosse
positive Produktionslücke gäbe? Was würde die EZB in diesem Fall unternehmen?
Fazit: Wren-Lewis bezeichnet das Ganze
als ein kollektives Scheitern der europäischen Behörden. Es ist eine governing class, welche weit weniger
rechenschaftspflichtig ist als eine z.B. in den USA.
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