Die
selbsternannten Defizit-Falken (deficit
hawks) haben im Jahr 2010 viel von der politischen Diskussion Besitz
ergriffen, schreibt Paul Krugman in
seiner lesenswerten Kolumne („Hawks and
Hypocrites“) am Montag in NYTimes.
In
einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit und der rekord-niedrigen Finanzierungskosten,
einer Zeit, wo die Wirtschaftstheorie besagt, dass mehr, nicht weniger deficit spending nötig ist, haben die Schimpfer die meisten der politischen Klasse überzeugt, dass das Haushaltsdefizit,
nicht die Beschäftigung die oberste Priorität sein müsse. Und jetzt, wo die
Wahl vorbei ist, versuchen sie, dort, wo sie aufgehört haben, weiterzumachen,
legt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises dar.
Ihnen
sollte gesagt werden, dass sie verschwinden, so Krugman. Die jüngsten
Ereignisse zeigen deutlich, was für aufmerksame Beobachter bereits offensichtlich
war, dass die Defizit-Schimpfen-Bewegung nie wirklich mit dem Defizit zu tun hatte.
Es geht im Grunde genommen darum, via die Angst-Debatte im Hinblick auf das
Haushaltsdefizit das Netz der sozialen Sicherheit zu vernichten. Und es
passieren zu lassen, wäre nicht nur eine schlechte Politik, sondern auch ein
Verrat an die Amerikaner, die gerade einen Präsidenten als Gesundheit-Reformer
wiedergewählt und für einige der fortschrittlichsten Senatoren die Stimme
abgegeben haben.
Was
die Heuchelei der Defizit-Falken betrifft, bemerkt Krugman, dass es seit Jahren
offensichtlich war. Man denke an die Auszeichnung „fiskalpolitische
Verantwortung“ von Anfang 2011, die von drei der führenden
Defizit-Schimpfen-Organisationen an niemanden anders als Paul Ryan verliehen wurde. Ryans Plan zum Abbau des Haushaltsdefizits war offensichtlich ein Schwindel.
Aber in den Augen von Defizit-Falken qualifizierte der Plan, Medicare und
Medicaid heftig zu kürzen, Ryan als Fiskal-Ikone.
US-TIPS
(10Jahre) Rendite, „Fiskalkrise innert 2 Jahren?“, Graph: Prof. Paul Krugman
Bemerkung:
Erskine Bowles hatte davor gewarnt, dass in den USA innert 2 Jahren eine Fiskalkrise ausbrechen würde, wobei die Zinsen durch die
Decke schiessen würden.
PS: TIPS sind inflationsgeschützte US-Staatsanleihen
Und
dann kommt die Frage der „fiscal cliff“.
Im Gegensatz zu der Art und Weise, wie sie geschildert wird, geht es bei
Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen nicht um eine Fiskal-Krise. Es ist eine
politische Krise, die auf den Versuch der GOP zurückgeht, um die Wirtschaft in Geiselhaft zu nehmen.
Krugman
ist überrascht, wie ernst die Begeisterung über den Vorschlag, Tim Geithner mit
Erskine Bowles zu ersetzen, zu nehmen ist. Aber es ist noch in Erinnerung, dass
Bowles einer Panikmache frönte, als er vor einer unmittelbar bevorstehenden Fiskal-Krise
warnte, welche aber nicht auftaucht. Unterdessen sollte sich der Bericht, den
Bowles mit verfasste, auf Defizitabbau konzentrieren. Doch fordert er tiefere,
statt höhere Steuersätze als Leitprinzip. Bowles als Finanzminister zu ernennen
wäre eine schlechte Idee und eine Ohrfeige für die Menschen, die Obama wieder
ins Amt gebracht haben, hält Krugman fest.
Der
an der University of Princeton lehrende
Wirtschaftsprofessor plädiert stattdessen für eine seriöse Diskussion über
Amerikas finanzpolitische Zukunft. Aber eine ernsthafte Diskussion ist genau
das, was in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden hat, weil die Diskurse
durch die falschen Leute mit falscher Tagesordnung entführt werden. Ihnen
sollte jetzt die Tür gezeigt werden.
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