Freitag, 2. November 2012

Politik wie Schutzgelderpressung


Wenn Präsident Obama wiedergewählt wird, wird die Gesundheitsversorgung drastisch erweitert, die Steuern für die Reichen erhöht und Wall Street mit einer härteren Regulierung konfrontiert. Wenn Mitt Romney die Wahl gewinnt, wird die Gesundheitsversorgung erheblich eingeschränkt, die Steuern für die Reichen auf ein Niveau gesenkt, welches in 80 Jahren nicht erlebt wurde und die Regulierung der Finanzmärkte zurückgefahren, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („The Blackmail Caucus“) in NYTimes am Freitag.

Angesichts der Klarheit dieses Unterschieds dürfte man erwarten, dass Menschen auf beiden Seiten der politischen Spaltung die Wähler anhalten würden, die Stimmzettel auf dieser Grundlage einzuwerfen. Es gab aber zuletzt eine wachsende Zahl von Romney-Anhängern, die ein ganz anderes Argument präsentieren: „Wählen Sie Romney, weil, wenn er verliert, die Republikaner die Wirtschaft zerstören werden“.

Na gut, es ist nicht ganz so, fährt Krugman weiter. Das Argument wird aber im Hinblick auf „partisan gridlock“ (ein Stillstand, eine festgefahrene Situation im parteipolitischen Umfeld) formuliert, als ob beide Parteien gleichermassen extrem wären. Aber sie sind es nicht. Das ist in Wirklichkeit alles, was die Besänftigung der harten Männer der Republikanischen Partei betrifft.

Der Ausgangspunkt für viele  „wähle Romney oder sonst“-Aussagen ist die Vorstellung, dass ein wiedergewählter Präsident Obama nicht in der Lage wäre, in seiner zweiten Amtszeit etwas zustande zu bringen, schildert Krugman. Was die Argumentation ausschliesst, ist die Tatsache, dass Obama bereits eine Menge geleistet hat, in Form von Gesundheitsreform und Finanzreform: Reformen, die in die Tat umgesetzt würden, wenn er wiedergewählt würde.

Man braucht sich also keine Sorgen um die Fähigkeit eines wiedergewählten Obama zu machen. Auf der anderen Seite ist es vernünftig, zu befürchten, dass die Republikaner ihr Bestes tun, um Amerika in der zweiten Amtszeit von Obama unregierbar zu machen. Immerhin tun sie es bereits seit dem Amtsantritt von Obama, unterstreicht Krugman mit Nachdruck.

Würde ein demokratisch kontrollierter Senat einen ebenso extremen Widerstand gegen Präsident Romney leisten? Nein. Ja, es gibt den Fall, dass „partisan gridlock“ weniger Schaden anrichten würde, wenn Romney die Wahl gewänne.

Krugman hofft, dass die USA mittlerweile nicht zu einem Land werden, wo das politische Argument im Mittelpunkt steht: „Ein schönes Land haben Sie hier. Es wäre schade, wenn dem etwas widerfahren würde“. Man soll Romney wählen, wenn man denkt, dass Romney die bessere Politik bietet. Aber zu Gunsten von Romney zu argumentieren, gestützt darauf, dass dieser alles erledigen könnte, bedeutet fast eine gefährliche Abbiegung danach, eine Politik der Schutzgelderpressung zu akzeptieren, was im amerikanischen Leben keinen Platz hat, fasst Krugman zusammen.

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