Prominente
Stimmen innerhalb des Finanzsektors bestehen zunehmend auf dem Argument, dass “too big to fail” (TBTF) zu Ende
gegangen ist, schreibt Simon Johnson
in einem lesenswerten Artikel („Too big
to fail remains very real“) in Economix in NYTimes.
Die
Idee ist einfach: sehr grosse Finanzunternehmen werden durch eine Kombination
der Rechtsvorschriften (wie z.B. Dodd-Frank von 2010) und der flankierenden
Regulierung nicht mehr als TBTF wahrgenommen. Die Vorstellung mag verlockend
sein, aber sie steht mit Fakten im Widerspruch. Die Wahrnehmung, dass einige
Finanzinstitute TBTF sind, ist nach wie vor lebendig und munter. Will man die
Wahrnehmung beseitigen, muss man die Big Banks aufspalten, hält der an der MIT Sloan School of Management lehrende
Wirtschaftsprofessor fest.
Der
ehemalige Chefökonom des IWF zitiert dazu einen aktuellen Bericht, welcher auf Geheiss von
SIFMA (Securities Industry and Financial
Markets Association) veröffentlicht wurde. Die SIFMA ist eine Lobby-Gruppe
für die Wertpapierbranche und macht geltend, dass TBTF effektiv beendet wurde.
Die
Implikation des Berichtes ist, dass es keine Notwendigkeit besteht, die
Finanzreform weiter voranzutreiben. Shaw
Petrou, die Autorin des Berichtes glaubt aber nach wie vor, dass der Staat
hinter grossen Bank-Holdinggesellschaften und anderen grossen Finanzunternehmen
steht. Frau Petrou befasst sich im Bericht mit der Interpretation von Rechts-
und Verwaltungsvorschriften.
Worauf
es ankommt, ist jedoch, wie die Regulierung von Investoren im Markt
wahrgenommen werden, betont Johnson. Die implizite Staatsgarantie reduziert die
Finanzierungskosten für die TBTF-Banken,
weil die Investoren überzeugt sind, dass die Schuldtitel, die von Big Banks
ausgegeben werden, weniger riskanter sind als die Schuldtitel, die von kleinen
und mittelgrossen Banken begeben werden.
Johnson
teilt daher die Ansicht von Richard Fisher und Harvey
Rosenblum aus der Federal Reserve
Bank von Dallas, dass TBTF unter gegenwärtigen Umständen sehr wohl noch
aktuell bleibt.
Der
Staat stellt faktisch eine Art Versicherung für die Finanzinstitute bereit, die
sie ermutigt, noch grösser zu werden, was es noch wahrscheinlicher macht,
sowohl von der Fed als auch vom Schatzamt geschützt zu werden. Das ist unfair
und nicht-transparent, unterstreicht Johnson, was übermässige
Risikobereitschaft fördert und potenzielle Nachteile für die nicht-finanzielle
Sektoren der Wirtschaft erzeugt.
Frau
Petrou hingegen deutet darauf hin, dass es neue rechtliche Hindernisse für
einige Formen der Rettungsaktionen gibt. Das ist zwar richtig. Aber die
allgemeine Maschinerie der Unterstützungsmöglichkeiten, z.B. durch die Fed,
bleiben trotzdem intakt. Manchmal geschieht es in Form von „Liquiditätshilfe“.
Aber die Linie zwischen der „Liquiditätshilfe“ und der „Hilfe für ein beinahe
zahlungsunfähige Finanzunternehmen ist unscharf. Wenn die Fed nämlich die
Fähigkeit hat, Asset Preise aufzublähen, wird diese Unterscheidung manchmal
bedeutungslos.
Denn
wenn es darum geht, eine Wahl zu treffen, zwischen einer globalen Katastrophe
auf der einen Seite und einer unbeliebten und vielleicht sogar illegelan
Rettungsaktion für Big Banks auf der anderen Seiten, neigen die Behörden dazu,
sich zu Gunsten von Rettungsmassnahmen (bail
out) für Banken zu entscheiden. Und wie Johnson betont, sind die
Marktteilnehmer intelligent genug, um dies einzusehen.
Die
Frage ist deshalb, wie diese Wahl obsolet gemacht werden kann oder zumindest
weniger wahrscheinlicher gemacht wird, dass sie getroffen wird.
Frau
Petrou vertritt die Meinung, dass die Big Banks nicht gerettet werden, nur weil
die Marktteilnehmer denken, dass sie gerettet werden würden. Sie ist der
Ansicht, dass die US-Behörden das US
resolution regime endlich vervollständigen sollen, damit die Märkte sich neu
auf die Risikofreudigkeit vorbereiten können.
In
einer jüngsten Rede hat Andrew Haldane von der Bank of
England (BoE) jedoch einen anderen Schwerpunkt gesetzt: Johnson teilt die
Ansicht des Executive Directors der britischen Notenbank für die Finanzmarktstabilität,
dass es im System mehrerer Sicherungen bedarf, anstatt sich nur auf eine Reform
allzu sehr zu verlassen. Denn man weiss wirklich nicht, was sich als wirksam
erweist, zumal das Finanzsystem sich ständig weiter entwickelt und die Art von
Risiken sich ändert.
Haldane betont, dass es deswegen vollkommen ergänzend ist, die Grösse der
grössten Finanzinstitute zu deckeln. „Wir müssen eine glaubwürdige
Verpflichtung eingehen, ein Finanzinstitut scheitern zu lassen, in dem Sinne,
dass es aus dem Geschäft scheidet, während Aktionäre leer ausgehen und die
Verluste auf Gläubiger übertragen werden“, fügt Johnson dazu hin.
Aber
jedes Versprechen für globale Mega-Banken, dass wir sie einfach scheitern lassen
würden, ist auch völlig hohl. Denn standardisierte oder auch modifizierte
Konkursverfahren stellen keine glaubwürdige Androhung dar, wegen der Verluste,
die ausgelöst werden, für andere Finanzinstitute und das Vertrauen auf der
ganzen Welt. Daher sollten Banken und andere Finanzinstitute klein genug und
einfach genug gestaltet werden, damit sie scheitern können, wie von Fisher und
Rosenblum herausgestrichen wird.
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