Die
Euro-Zone rutscht in die Rezession. Die Wirtschaftsleistung ist im dritten Quartal um 0,1% geschrumpft.
Bereits im zweiten Quartal 2012 hat das BIP in den 17 Euro-Ländern um 0,2%
abgenommen.
Der
erneute Rückgang der Wachstumsraten der Wirtschaft in der Euro-Zone hat die
Wirkung, dass die Haushaltsdefizite sich automatisch erhöhen. Damit wächst der
Druck auf die nationalen Regierungen, eine Zunahme der Defizite zu verhindern. Folglich
wird die Fiskalpolitik gestrafft, schreibt Paul
De Grauwe in einer gestern vorgelegten Forschungsarbeit („How to avoid a double-dip recession in the eurozone“)
Das
Risiko ist, dass pro-zyklische Haushaltspolitik die Wachstumsraten des BIP
fester in das negative Terrain treibt, was zu einer vollwertigen Double-dip
Rezession führt.
Warum
steuert aber die Euro-Zone auf eine double-dip Rezession an? Der an der London School of Economics lehrende
Wirtschaftsprofessor bemerkt, dass es mit der asymmetrischen Struktur der makroökonomischen
Anpassungen in der Euro-Zone zu tun hat.
Es
wäre nicht übertrieben, zu sagen, dass die makroökonomische Politik im
Euro-Raum viel durch „animal spirits“
an den Finanzmärkten getrieben wird. Während die südeuropäischen Länder
(einschliesslich Irland) hohe Leistungsbilanzdefizite aufweisen, verfügen die
nordeuropäischen Länder über hohe Leistungsbilanzüberschüsse.
Wirtschaftswachstum
(BIP) in der Euro-Zone, Graph: Paul De Grauwe in: „How to avoid a double-dip recession in the
eurozone“, Nov 15, 2012
Die
erst beste Wirtschaftspolitik wäre gewesen, dass die Schuldner-Länder ihre
Defizite verringern, und die Gläubiger-Länder ihre Ausgaben erhöhen. Doch hat
die Europäische Kommission die Schuldner-Länder gezwungen, eine enge Austeritätspolitik
zu verfolgen, während die Gläubiger-Länder auf einen ausgeglichenen Haushalt abzielen.
Dies
hat laut De Grauwe zu einem asymmetrischen Anpassungsprozess geführt, wo die
Schuldner-Länder die meiste Last der Anpassung tragen. Und diese Länder werden zugleich
gezwungen, Löhne und Preis im Verhältnis zu den Gläubiger-Ländern zu senken („internal devaluation“), ohne dass die
Gläubiger-Länder Löhne und Preise im Verhältnis zu den Schuldner-Ländern
erhöhen („internal revaluation“).
Die
interne Abwertung, die bisher nicht abschlossen ist, hat auf Kosten von Output
und Beschäftigung in den Schuldner-Ländern stattgefunden. Gibt es aber Beweise dafür,
dass ein Prozess der internen Neubewertung in den Ländern mit
Leistungsbilanzüberschuss erfolgt? Die Antwort liefert die folgende Abbildung:
Relative
Lohnstückkosten in der Euro-Zone, Graph: Paul De Grauwe in: „How to avoid a double-dip recession in the
eurozone“, Nov 15, 2012
Deutschlands
Position sticht ins Auge. Deutschland
hat während der Zeit 1999-2007 eine
starke interne Abwertung entwickelt, was zu einer Erholung der Wirtschaft
beigetragen hat. Diese internal devaluation ist 2007/08 zu Ende gekommen. Seither hat in Deutschland
keine interne Abwertung stattgefunden, hebt De Grauwe hervor.
Aus
der Analyse geht hervor, dass die Last der Anpassung der Ungleichgewichte in
der Euro-Zone zwischen den Ländern mit Überschuss und den Ländern mit Defizit
in der Leistungsbilanz fast ausschliesslich durch die Defizit-Länder an der
Peripherie getragen wird. Diese Asymmetrie erzeugt eine deflationäre Tendenz in der Euro-Zone als Ganzes. Doch es könnte
anders gemacht werden: eine mehr symmetrische makroökonomische Politik, die die
deflationäre Ausrichtung verringert, kann implementiert werden, erläutert De
Grauwe.
Leistungsbilanz
Überschüsse (und Defizite) in der Euro-Zone, Graph: Paul De Grauwe in:
„How to avoid a double-dip recession in
the eurozone“, Nov 15, 2012
Die
Gläubiger-Länder, die das Verhältnis der Schulden zum BIP stabilisiert haben,
sollten jetzt damit aufhören, ihre Haushaltsdefizite weiter abzubauen, damit
die Euro-Zone nicht in eine double-dip Rezession gerät. Stattdessen sollten sie
das Verhältnis der Schulden zum BIP auf dem im Jahre 2012 erreichten Niveau
stabilisieren. Die Folge ist, dass diese Länder kleine Haushaltsdefizite haben
können, während sie gleichzeitig die Staatsverschuldung konstant halten.
Insbesondere
Deutschland könnte heute sein
Haushaltsdefizit bis auf 3% erhöhen, während es die Verschuldungsquote
unverändert halten kann. Andere Gläubiger-Länder wie Belgien, Niederlande,
Finnland und Österreicht könnten damit aufhören, weitere austeritätspolitische
Massnahmen zu treffen, ohne das Verhältnis der Staatsschulden zum BIP zu
erhöhen.
Ob
eine solche Politik umgesetzt wird, hängt viel von der EU-Kommission ab, fasst
De Grauwe als Fazit zusammen.
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