Dienstag, 27. November 2012

Vermögenswert versus Eigenkapital


Finanzmarktaufsicht will, dass die Banken krisenfest werden. Wie? Mit mehr Eigenkapital. Der Standardsatz von Wall Street Lobbyisten lautet aber in diesen Tagen, dass man sich keine Sorgen über die Finanzinstitute, die als „ TBTF“ gelten, zu machen braucht, weil der Dodd-Frank Act angeblich das Problem lösen werde.

Die Implikation ist, dass der US-Kongress sich entspannen und keine weiteren Änderungen aufzwingen soll. Eine Verkleinerung der Grösse der Banken oder Vereinfachung der rechtlichen Strukturen der grossen Finanzunternehmen seien keine sinnvollen Massnahmen.

Vor diesem Hintergrund bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Artikel („Fed’s Dudley Signals a Shift Toward Reform“) in Bloomberg, dass man sich von der undurchlässigen Diktion der Lobbyisten nicht verwirren lassen soll.

Die Standardzeile, die die Runde macht, lautet: „Banken haben Kapital“. Es ist aber das falsche Verb, hebt Johnson hervor. Weil es relativ uninformierte Leser veranlasst , Kapital als einen Vermögenswert (asset) zu betrachten, anstatt was es wirklich ist: eine Verbindlichkeit oder Eigenkapital (shareholder equity).

Die Assets (Aktiva) befinden sich auf der Aktiv-Seite der Bilanz, die Liabilities (Passiva) auf der Passiv-Seite. Die Wortwahl ist einflussreich, weil dadurch populäre Kommentare durchdringen und zu grossen sprachlichen und konzeptionellen Verwirrungen führen kann.

Dadurch ist es ferner möglich, die Illusion zu fördern, dass höhere Eigenkapitalanforderungen die Fähigkeit der Banken beeinträchtigen, mehr Kredite zu vergeben. Im Gegenteil: Mehr Eigenkapital macht jedes Finanzsystem sicherer und robuster, und zwar über den gesamten Zyklus hinaus, erläutert Johnson.

Wenn eine Bank illiquide Wertpapiere (assets) irgendwie abstösst, ändert sich auf der Passiv-Seite der Bilanz so gut wie gar nichts, was die Schulden betrifft. Die Bilanzsumme verkleinert sich. Aber die Eigenkapitalbasis wird dadurch nicht gestärkt. Die EK-Basis nimmt sogar ab, weil weitere Aktiva abgeschrieben werden müssten. Das Problem war von Anfang an nicht „Unterbewertung“, sondern „Unterkapitalisierung“.

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