Es
gibt einen Gegensatz zwischen dem, was die Bosse der Finanzindustrie zur Zeit
sagen, was sie beunruhigt und dem, was die Finanzmärkte sagen. Die Bosse
erklären, wie Suzy Khimm in WAPO berichtet, dass das Scheitern
der Bemühungen, ein Grand Bargain
(*) zu erzielen, einen schädlichen Vertrauensverlust im Hinblick auf die
finanzpolitischen Perspektiven des amerikanischen Staates auslösen würde, was
zu einem Bond Run (**) führen würden,
mit Zinsen, die durch die Decke schiessen.
Die
Angst-Taktik von Bond Vigilantes ist
aber tiefgründig. Denn es ist ziemlich schwer, nachzuweisen, dass ein
Vertrauensverlust auf Realwirtschaft lasten würde, wie Paul Krugman aufgrund eines
IS-LM-Modells aufzeigt. Ein möglicher Vertrauensverlust hätte zur Folge, dass
der US-Dollar an Wert verlieren würde, was dadurch einen expansiven Effekt
auslösen würde.
Na
gut, es gibt den Fall Griechenland. Aber Griechenland hat nicht eigene
Landeswährung. Was besagt aber das Modell, unter welchen Umständen ein Land,
das über eine eigene Währung verfügt, und in dieser Währung Kredit aufnimmt, in
einen Abschwung geraten würde, wenn Bond Vigilantes angreifen würden? Gibt es
historische Beispiele.
Krugman
deutet in seinem Blog auf Frankreich in den 1920er
Jahren hin. Das Land, das nach dem Ende
des Ersten Weltkriegs mit Schulden belastet war, sah damals in der Tat einem
Angriff der Spekulanten gegenüber.
Frankreich,
Verlauf der Zinsen in den 1920er Jahren, Graph:
Prof. Paul Krugman
Daten:
Bank of France
Aber
der Fall bietet jedoch bei genauer Betrachtung keine Unterstützung für die
wiederholten Argumente der Defizit-Falken . Frankreich hatte zwar ein grosses
Schuldenproblem, aber es hat die Last der Verschuldung durch Inflation
abgemildert. Und der Markt sah es kommen. Die Zinsen auf mittlere Sicht
(schwarze Kurve) sind für einen Grossteil der 1920er Jahre gestiegen, bevor sie
danach kräftig fielen.
Krugman
hebt zudem hervor, dass Frankreichs Wirtschaft in den 1920er Jahren nicht so
angeschlagen war wie die der anderen Volkswirtschaften und es hat damals nicht
so ausgesehen wie die USA heute. Die wirklich grosse Wirkung kam inzwischen aus
einer scharfen Abwertung des Franc,
was Frankreich wettbewerbsfähiger machte und die Wirtschaft des Landes
ankurbelte.
Frankreich,
Arbeitslosigkeit in den 1920er Jahren, Graph:
Prof. Paul Krugman
Der
böse Einbruch der französischen Konjunktur im Jahre 1927 ist auf die
Austeritätspolitik (fiscal austerity)
zurückzuführen. Es ist nicht durch die stark steigenden Zinsen am Anleihemarkt
ausgelöst worden,
Fazit: Auch wenn man genau
hinschaut, findet sich nichts, was die Defizit-Schimpfer uns fürchten wollen.
Es ist bemerkenswert, wie Krugman festhält, dass der politische Diskurs
weitgehend von Ängsten eines Ereignisses dominiert bleibt, welches die
Angst-Händler theoretisch (z.B. anhand eines Modells) nicht belegen können.belegen
können.
(*)
"Grand
Bargain": Es handelt sich um einen Begriff, der in den USA zur Zeit im Angesicht der sog. "Fiscal Cliff" die Runde macht. Gemeint ist eine grosse Übereinkunft zum Abbau des Haushaltsdefizits während der "Lame-Duck Session" des Kongresses (d.h. vor dem
Beginn der neuen Legislaturperiode) in Amerika zwischen der Republikanischen und der Demokratischen Partei.
(**)
"Bond-Run": Eine kollektive Flucht der Anleger aus den Staatsanleihen eines Landes. Der betroffene Staat steht einem "Bond Run" hilflos gegenüber wie im Fall eines "Bank Run", wo die Sparer gleichzeitig eine sofortige Barauszahlung aller Guthaben fordern.
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